Kinderradiologe: Ultraschall und MRT statt Röntgen
Jena (dpa) - Aufnahmen mittels Röntgengerät und Computertomographie sind für die Diagnose von Krankheiten mitunter unablässig. Um Patienten aber vor Strahlung zu schützen, suchen Radiologen nach Alternativen.
Zur Vermeidung von gefährlicher Strahlung setzen Radiologen bei Kindern zunehmend auf Untersuchungen mit Ultraschall und Magnetresonanztomographie (MRT). Selbst bei der Diagnose von Knochenbrüchen werde Ultraschall mit großem Erfolg eingesetzt, sagte der Leiter der Kinderradiologie am Jenaer Universitätsklinikum, Hans-Joachim Mentzel. In Jena treffen sich ab Donnerstag (26. September) rund 250 Fachleute zur Jahrestagung der Gesellschaft für Pädiatrische Radiologie, um über Strahlenschutz und neue Entwicklungen in Kinderheilkunde und Radiologie zu beraten.
Röntgenstrahlen sind nicht für alle Menschen gleich gefährlich. Kinder gelten als empfindlicher als Erwachsene - warum?
Mentzel: Wir wissen aus Studien wie einer Untersuchung aus Australien an über 680 000 Menschen, die als Kind oder Jugendlicher eine Computertomographie bekommen haben, dass Kinder mit CT-Untersuchung ein höheres Risiko haben an Leukämie oder soliden Tumoren zu erkranken als andere Kinder. Die Häufigkeit einer Krebserkrankung lag bei ihnen in dieser Studie um 24 Prozent höher. Warum ist das so? Bei Kindern teilen sich die Zellen schneller als bei Erwachsenen. Durch die Strahlung kann es passieren, dass während der Zellteilung eine Art Strickfehler auftritt und krankhafte Zellen entstehen, die für Krebserkrankungen verantwortlich sind. Der gesunde Körper ist meist in der Lage, solche kranken Zellen selbst zu beseitigen. Je häufiger solche Strahlenwirkung aber auftritt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Fehler nicht mehr behoben werden können. Außerdem sind die Kinder Träger der Erbinformation der nächsten Generation. Hier sind Schäden am Erbgut möglich.
Welche Alternativen gibt es zum Röntgen?
Mentzel: Da gibt es im wesentlichen Ultraschall, Computertomographie (CT) und Magnetresonanztomographie. Man muss aber wissen, dass insbesondere das CT mit einer recht erheblichen Strahlenbelastung verbunden ist. Wir versuchen generell, Untersuchungen mit Strahlung wie Röntgen und CT so oft wie möglich einzusparen. Dazu setzen wir in der Kinderradiologie vor allem auf den Ultraschall und MRT. Kinder kann man komplett von „Locke bis Socke“ per Ultraschall untersuchen. Es gibt nur ganz wenige Stellen, an die man damit nicht herankommt wie beispielsweise die Lunge.
Geröntgt wird standardmäßig bei Knochenbrüchen. Aber auch da sind Ultraschalluntersuchungen möglich ?
Mentzel: Ultraschall kann mit großem Erfolg auch zur Diagnostik von Knochenbrüchen eingesetzt werden, wie auf unserer Jahrestagung der Gesellschaft für Pädiatrische Radiologie gezeigt wird. Aber das ist nicht überall verfügbar. Ultraschall ist außerdem an den Arzt gebunden und dauert länger als ein Röntgenbild.
Inwieweit hat sich die Strahlenbelastung bei solchen Untersuchungen insgesamt verändert?
Mentzel: Mit moderner Technik im Röntgen und im CT können heute bei entsprechendem Einsatz durch Fachleute deutlich geringere Strahlendosen erreicht werden als noch vor ein paar Jahren. Die Häufigkeit von Untersuchungen mit CT nimmt aber zu. Aus den USA gab es hierzu in den letzten Jahren besorgniserregende Zahlen - auch bei Kindern. In Deutschland sind die Zahlen bei Kindern relativ stabil mit Ausnahme der Notfall-CT-Untersuchungen bei Unfällen.
Gibt es eine Faustregel, wie viele Untersuchungen mit Röntgen oder CT ein Kind maximal im Jahr haben dürfte?
Mentzel: Zahlen, wie viel Strahlung ein Kind pro Jahr verträgt, gibt es nicht. Es gibt immer wieder Fälle, dass zu viel oder falsch geröntgt wird. Dazu gibt es Leitlinien der kinderradiologischen Fachgesellschaft, an denen sich jeder Arzt orientieren sollte. Letztlich muss aber jeder Arzt selbst entscheiden, welche Untersuchung er für das Stellen der Diagnose braucht. Jedes Kind sollte unbedingt einen Röntgenpass haben, in dem alle Untersuchungen dokumentiert sind. Wir erleben es immer wieder, dass Kinder doppelt oder dreifach untersucht werden.