Kochen, backen, grillen: Senf ist ein Alleskönner
Vilshofen (dpa/tmn) - Wer in ihm nur den Dip zur Bockwurst sieht, hat die Welt des Senfs noch nicht entdeckt. Die Paste aus meist brauner oder gelber Senfsaat ist nicht nur ein jahrtausendealtes Heilmittel.
Auch heute noch in der Traditionellen Chinesischen Medizin Anwendung findet man es wieder. Und Senf ist eine feine Zutat, die vielen Speisen die richtige Würze gibt. „Senf passt in fast alle Gerichte und rundet den Geschmack ab“, sagt Helga Jungbeck von der Kochschule „Senfonie“ im thüringischen Altenburg. Ideal sei er beispielsweise für Dressings, in denen er wie ein Emulgator wirkt und Essig und Öl harmonisch verbindet. Je nach Geschmack und Salatsorte empfiehlt Jungbeck fürs Dressing entweder mittelscharfen Senf oder süßen Fruchtsenf.
Beim Kochen sollte Senf immer erst zum Schluss zugegeben werden, damit die Hitze die ätherischen Öle nicht zerstört, rät Jungbeck. Das gilt auch für die Senfsuppe, die nach der Zugabe des Senfs nicht mehr kochen darf. Auch beim Braten und Grillen von mit Senf mariniertem Fleisch sei es wichtig, die Hitze vorsichtig zu dosieren, damit der Senf nicht verbrennt, ergänzt die Expertin.
Welche Senfsorte wozu passt, ist weitgehend Geschmacksache. Als Grundregel kann man aber davon ausgehen, dass ein milder Senf auch mit milden Speisen harmoniert und deftigere Gerichte einen kräftigeren Senf vertragen, sagt Thomas Weber, der im bayerischen Vilshofen eine Senfmanufaktur betreibt. Zu Weichkäse wie Camembert empfiehlt er einen Ingwersenf, zu kräftigem Bergkäse darf es ein intensiver Bärlauchsenf sein. Auch zum Backen eignet sich Senf. Weber schwärmt für Käse-Senf-Muffins: In den Grundteig aus Rapsöl, Mehl, Milch, Eiern, Backpulver und Gewürzen passen beispielsweise Gorgonzola und ein kräftiger Knoblauch- oder Chilisenf.
Wer trotz der Vielfalt der inzwischen angebotenen Senfsorten nicht das Richtige findet, kann Senf selbst herstellen. Sogar ungeübte Köche können sich daran wagen, Senf zu machen, sagt Claudia Diewald, Autorin des Buches „Senf selbst gemacht“. Schiefgehen könne dabei kaum etwas. Wichtig sind gute Zutaten, ein milder Essig mit mindestens fünf Prozent Säure und langes Rühren, damit die Zutaten sich gut mit dem Senfmehl oder den Senfkörnern verbinden.
Stimmt der Geschmack beim ersten Versuch noch nicht so ganz, könne immer wieder nachgebessert werden, rät Diewald. „Wenn der Majoransenf nicht schmeckt, wird er mit Kräutern der Provence aufgepeppt.“ Wichtig dabei ist, den Senf erst nach einer ausreichenden Ruhezeit zu probieren, weil er frisch „entsetzlich bitter“ schmeckt. Zum Einstieg in die eigene Senfproduktion empfiehlt Diewald einen groben Senf, für den das Senfkorn mit einem Mörser grob zerstoßen oder mit einer Kaffeemühle kurz gemahlen wird. So entsteht mit hellen und dunklen Senfkörnern, Weißweinessig, Rohrzucker, Salz sowie Orangensirup und -abrieb beispielsweise ein Orangensenf. Er passt nach einwöchiger Reifezeit gut zu Käse oder gebratenem Geflügel. Das Verhältnis von brauner und gelber Senfsaat entscheidet dabei über die Schärfe: Je mehr braune Saat ein Senf enthält, desto schärfer ist er.
Dass Senf nicht nur schmeckt, sondern auch gesund ist, bestätigt Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. So soll Senf beispielsweise verdauungsfördernd und antimikrobiell wirken. Kein Wunder also, dass ein Löffel Senf auf nüchternen Magen als altes Hausmittel zum Ankurbeln des Stoffwechsels gilt. Und wenn er gut schmeckt, kann die Einnahme sogar ein Genuss sein. Denn, so Weber: „Ein guter Senf braucht keine Wurst.“
Literatur:
Claudia Diewald: „Senf selbst gemacht“, Verlag Neumann-Neudamm, 64 Seiten, 14,99 Euro, ISBN-13: 978-3788814533