Lasche Aufklärung: Kasse muss Privatbehandlung zahlen
Darmstadt (dpa) - Das Hessische Landessozialgericht hat die Rechte von Kassenpatienten gestärkt. So muss die Krankenkasse eine Privatbehandlung bezahlen, wenn der Vertragsarzt dem Patienten nicht deutlich genug erklärt hat, dass diese Therapie keine Kassenleistung ist.
Die lasche Aufklärung über eine Privatbehandlung ist ein Fehlverhalten. Und das sei der Kasse zuzurechnen, hieß es in dem Urteil. Damit gaben die Richter in einem Berufungsverfahren einem Witwer Recht (Aktenzeichen: L 8 KR 313/08). Die beklagte Kasse hat gegen das Urteil Revision vor dem Bundessozialgericht eingelegt (B 1 KR 6/11 R).
Die inzwischen gestorbene Frau des Mannes hatte an Darmkrebs gelitten und war von ihrem Hausarzt an die Uniklinik Frankfurt überwiesen worden. Dort sollte sie mit einem Verfahren behandelt werden, für das die gesetzliche Kasse aufkommt. In der Klinik ließ der Arzt die Frau jedoch ein Formular für private Behandlungen unterschreiben und stellte ihr die Kosten in Rechnung. Außerdem behandelte er sie mit einem anderen Verfahren als verschrieben.
Als die Frau die Erstattung der Kosten beantragte, wies die gesetzliche Kasse dies ab und argumentierte, das tatsächlich angewandte Verfahren sei nicht als vertragsärztliche Leistung anerkannt. Eine Klage der 2008 verstorbenen Frau hatte das Sozialgericht Frankfurt zurückgewiesen.
Das Landessozialgericht verurteilte die Kasse jedoch, die Behandlungskosten von rund 18 700 Euro zu übernehmen. Der Frau sei zunächst nicht einmal bekannt gewesen, dass sie eine andere Behandlung als die verordnete erhalten habe, befanden die Richter. Auch die von ihr unterschriebenen Formulare hätten nicht den Schluss nahegelegt, dass die Behandlungen nicht zum Spektrum der gesetzlichen Kassen gehörten. Damit liege ein sogenanntes Systemversagen vor, für das ein Akteur der gesetzlichen Krankenversicherung verantwortlich sei.
Allerdings stellten die Richter klar, dass die Frau ab dem Bescheid der Krankenkasse wusste, dass die Behandlung nicht zum Katalog der gesetzliche Kasse gehörte. Die 50 000 Euro Behandlungskosten, die danach angefallen seien, müsse die Kasse daher nicht zahlen.