Medizinmesse Medica: Schöne Stationen und selbstbestimmte Patienten
Düsseldorf (dpa) - Die Messe Medica ist der Gradmesser für neue Trends aus der Medizin-Welt. Der Patient der Zukunft braucht nicht mehr lange im Sprechzimmer zu warten und hilft bei der Diagnose tatkräftig mit.
Der Patient von morgen hat seine Behandlung selbst in der Hand, sammelt seine Vitalwerte und sendet sie per Handy dem Arzt. Lange Wartezeiten in der Praxis werden ihm so erspart. Der Trend zur Telemedizin ist in der Medizinwelt ungebrochen. Auf der weltgrößten Medizinfachmesse Medica (20. bis 23. November) in Düsseldorf dreht sich alles um Computer, Smartphones und Apps, die im besten Fall schnellere Diagnosen ermöglichen, zumindest aber Indikatoren für mögliche Krankheiten sein können.
Die Trennung von Arzt und Patient ist bei allem technischen Fortschritt durchaus umstritten. Einige sehen in der Telemedizin eine Chance für Routineuntersuchungen von Patienten etwa in ländlichen Gebieten, Kritiker bemängeln den fehlenden direkten Kontakt zum Arzt. Auch die Sicherheit der übertragenen Daten wird skeptisch gesehen.
Zumindest für die Messung des eigenen Fitnesszustandes kann Telemedizin hilfreich sein. Ein Sensor-Pflaster der Deutschen Telekom speichert sieben Tage 20 Vitalwerte vom Schlafen über den Kalorienverbrauch bis zu Schrittzahlen. Noch werden die Werte des Pflasters, das auf den Oberarm geklebt wird, über einen USB-Anschluss ausgelesen, demnächst geht es auch per Bluetooth. Im Dezember kommt das Pflaster namens „Metria“ für 99 Euro nach Angaben der Telekom auf den Markt. Eine neue Version, die auch Herzfrequenzen messen kann, soll es Anfang kommenden Jahres geben.
Ein handliches Langzeit-EKG misst bis zu sieben Tage die Herzaktivität und überträgt die Daten auf ein Computer-Tablet oder den PC des Arztes. Der Nutzer verkabelt sich selbst und bekommt auf dem kleinen Messgerät grünes Licht, ob die Elektroden richtig sitzen. Das Gerät von GE Healthcare ist mit rund 2000 Euro nicht eben billig und wird nur an Ärzte oder Kliniken verkauft.
Behandlungsgeräte werden immer präziser und ausgefeilter. Siemens präsentiert das nach Angaben des Unternehmens weltweit erste Ultraschallgerät mit kabellosem Schallkopf. Die Bilder werden per Funk übermittelt. Das vereinfacht zum Beispiel die Kontrolle von Herzkatheter-Eingriffen und gibt dem Arzt mehr Bewegungsfreiheit.
Das Ultraschallgerät der Firma Samsung hat zwar noch ein Kabel, aber es ist tragbar und nicht größer als ein Laptop. Es kann etwa bei Sportereignissen zur schnellen Diagnose von Verletzungen eingesetzt werden. Fußball-Nationalspieler Sami Khedira hätte damit womöglich noch am Spielfeldrand Näheres über seine schwere Knieverletzung erfahren können.
Im Rettungswagen kann die schnelle webbasierte Übertragung von Daten in die Klinik überlebenswichtig sein. Noch am Einsatzort werden durch das System corpuls.web zum Beispiel EKG-Daten in Echtzeit über einen sicheren Server an die Klinik übertragen.
Werdende Eltern freuen sich über Fotos ihres Babys im Mutterleib. „Hello Mum“ heißt die Samsung-App, die Farbfotos des ungeborenen Kindes vom Ultraschallgerät aufs Smartphone der Eltern sendet.
Hilfen für alte und pflegebedürftige Menschen sind auch auf der Medica ein immer wichtigerer Bereich. Das können rund 800 Euro teure Sensormatten sein, die vor dem Bett liegen, Stürze registrieren und dann Notrufe auslösen. Oder vernetzte Betten, die über Sensoren merken, wenn ein pflegebedürftiger Mensch das Bett verlässt. Dann wird eine Nachricht an die Leitstelle des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Hilden geschickt. Über ein Mikrofon am Bett meldet sich eine freundliche Stimme und fragt, ob alles in Ordnung ist. 20 bis 30 Euro Gebühr pro Monat kostet der Service.
Auf der von Philips entwickelten Intensivstation verschwinden Maschinen hinter der Wand, es geht leise zu. Der Patient schaut in eine himmelsähnliche Lichtinstallation anstatt auf eine graue Zimmerdecke. Die Hoffnung: Vor allem ältere Patienten sollen so beruhigt werden.