Mixed Martial Arts ist nichts für Kampfmaschinen
Berlin (dpa/tmn) - Sie werden als Käfig-Kämpfer gefürchtet, gelten als brutal und rücksichtslos. Doch der schlechte Ruf des Kampfsports Mixed Martial Arts wandelt sich langsam. Wer Trainer und Schule sorgsam auswählt, hat viel Freude an der Sportart.
Als Tim Hofmann mit Mixed Martial Arts (MMA) anfängt, kriegt er einiges zu hören: „Geh bloß nicht zu illegalen Kämpfen!“ hört er ebenso wie „Da gehen doch nur Neonazis hin!“ Der 23-Jährige hat sich nicht beirren lassen und trainiert inzwischen bis zu sechs Mal pro Woche, wenn seine Zeit es zulässt. Wie seine Trainingskollegen im MMA Berlin entspricht er nicht dem Klischee eines knallharten Kämpfers, der schonungslos Fäuste, Knie und Ellenbogen einsetzt.
MMA, auf Deutsch Gemischte Kampfkünste, vereint verschiedene Kampfkünste in einer Sportart: Judo, Ringen, Grappling, Boxen, Jiu-Jitsu, Kickboxen und Muay Thai. Gekämpft wird im Wettkampf mit dem ganzen Körper im Stand und am Boden.
Der Sport hat ein schlechtes Image: Schläge auf einen am Boden liegenden Gegner haben dazu beigetragen, aber auch professionelle Kämpfe, die in einem normalen Boxring oder in dem sogenannten Cage stattfinden. Der hat zwar gepolsterte Wände zur Sicherheit der Kämpfer, wirkt aber auf Außenstehende wie ein Maschendrahtkäfig. „Es wirkt oft, als würden Kampfmaschinen aufeinander losgehen. Aber wenn man genau hinschaut, sieht man, dass viele Kämpfer ihre Bewegungen durchaus kontrolliert ausführen“, sagt Professor Ingo Froböse. Der Sportwissenschaftler leitet an der Deutschen Sporthochschule Köln das Zentrum für Gesundheit durch Sport und Bewegung.
Das Training unterscheidet sich deutlich von den Wettkämpfen. Man steigt sachte ein, erarbeitet sich nach und nach Hebel-, Würge- und Schlagtechniken. Richtig zur Sache geht es nur in Wettkämpfen. „Im Training werden Schlagtechniken nur angedeutet, aber niemals voll durchgezogen“, sagt Wolf Menninger, Trainer und Leiter des MMA Berlin. Die Verletzungsgefahr sei nicht größer als zum Beispiel beim Judo.
„MMA trainiert alles, meine Koordination, Kraft, Schnelligkeit und Reaktionsstärke“, sagt Tims Trainingspartnerin Yaosi, 30 Jahre alt. Für Tim zählt, dass er die Techniken richtig und intuitiv einsetzt, ohne groß darüber nachdenken zu müssen. „MMA ist ein ganzheitliches Training par excellence“, sagt Sportwissenschaftler Froböse, „vorausgesetzt, man respektiert die Tabus und Grenzen des anderen.“
Welche Effekte der Kampfsport hat, ist wissenschaftlich nicht eindeutig belegt. „Der Kampfsport kann selbstbewusster machen, und er kann zur Gewaltprävention beitragen“, sagt Sebastian Liebl, Sportwissenschaftler an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Das könne man aber nicht verallgemeinern. Dafür entscheidend seien gut ausgebildete Trainer sowie qualitativ hochwertige Trainingsprogramme für Kinder und Jugendliche.
In mehreren MMA-Schulen gibt es solche Einstiegsprogramme für Kinder und Jugendliche. MMA-Profi Sheila Gaff hat vor kurzem ihre eigene Pyranha MMA Academy in Offenbach eröffnet und trainiert dort Kinder und Jugendliche. Ab drei Jahren geht es mit lockeren Übungen zur Koordination und Balance los, wie das Stehen auf einem Bein und Vorwärtsrollen. “Die Kinder lernen so, mit ihrem Körper umzugehen“, sagt Sheila.
Gerade zwischen acht und zwölf Jahren bauten Kinder ihre motorischen Fähigkeiten aus, wie etwa Balance und Reaktionsschnelligkeit. Dafür sei das komplexe, den ganzen Körper fordernde Kampfsporttraining gut geeignet, sagt Froböse.