„Natürliches Mineralwasser“ muss nicht absolut rein sein
Mannheim (dpa) - Ein bisschen Dreck darf sein und „natürlich“ heißt nicht absolut rein - jedenfalls beim Mineralwasser, entschied der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg. Das gilt zumindest, so lange der Menschen keinen Schaden nimmt.
Ein „natürliches Mineralwasser“ muss nicht absolut rein sein. Das Gebot „ursprünglicher Reinheit“ der bundesweiten Mineral- und Tafelwasserverordnung „fordert keine absolute Abwesenheit von Schadstoffen“, entschied der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) in einem am Donnerstag (1. August) veröffentlichten Urteilen. Damit unterlag das Land Baden-Württemberg, das fünf Mineralquellen die Zulassung verweigern wollte, weil dort Abbauprodukte von Pflanzenschutzmitteln nachgewiesen worden waren. Weil diese aber nicht gesundheitsschädlich sind und es in der Mineralwasserverordnung keine Grenzwerte gibt, erkannte der VGH in der Nichtzulassung einen Verstoß gegen die Berufsfreiheit.
Damit blieben Berufungen des Landes Baden-Württemberg gegen Urteile des Verwaltungsgerichts Stuttgart erfolglos. Das Stuttgarter Gericht hatte die Widerrufe staatlicher Anerkennungen aufgehoben. Die Pflanzenschutzreste waren im Brunnenwasser der Quellen von fünf Mineralwasserfirmen festgestellt worden. Das Regierungspräsidium Stuttgart wollte deshalb die Quellen schließen.
Aus Sicht des VGH ist für solche Qualitätsanforderungen, die dermaßen in die Berufsfreiheit eingreifen, ein Gesetz nötig. Der vom Land herangezogene „Orientierungswert“ für Pflanzenschutzmittel und Arzneimittel von 0,05 Mikrogramm pro Liter sei aber nur in einer behördeninternen Verwaltungsvorschrift festgelegt. Das ersetze die gebotene gesetzliche Regelung nicht.
Auch hätte für einen Widerruf ein Schaden für den Staat, die Allgemeinheit oder wichtige Gemeinschaftsgüter drohen müssen - was hier nicht der Fall sei. Der Gesundheits- und Verbraucherschutz oder der Schutz eines fairen Handels erfordere nicht die absolute Reinheit eines „natürlichen Mineralwassers“.
Die Revision wurde nicht zugelassen. Gegen die Nichtzulassung kann das Land Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig einlegen. Abseits des Rechtsstreits kann das Land Baden-Württemberg beim Bund darauf hinwirken, dass er entsprechende Grenzwerte in die Mineralwasserverordnung aufnimmt.
Aktenzeichen:
Az.:9 S 2883/11, 9 S 2884/11, 9 S 2885/11, 9 S 2886/11 und 9 S 2887/11