PIP-Implantate: So fordern Betroffene Ansprüche ein

Hamburg (dpa/tmn) - In Deutschland sollen bis zu 10 000 Frauen bei Brustvergrößerungen minderwertige Silikonkissen erhalten haben. Wollen Betroffene Schmerzensgeld oder Schadensersatz fordern, gibt es mehrere Möglichkeiten, erklärt Verbraucherschützer Christoph Kranich.

Wollen Frauen wegen Billig-Brustimplantaten Schmerzensgeld oder Schadensersatz fordern, sind mehrere Vorgehensweisen möglich. Hat die Krankenkasse die Operation zum Beispiel im Rahmen eines Brustaufbaus nach Krebs bezahlt, dann sei die Kasse die richtige Anlaufstelle, erläutert Christoph Kranich von der Verbraucherzentrale Hamburg. Die Kasse berate Betroffene und trete gegebenenfalls an den Medizinischen Dienst heran, um ein Gutachten erstellen zu lassen. Damit könnten Frauen dann auf eigene Kosten einen Anwalt aufsuchen, der sie vertritt.

Handelte es sich dagegen um eine Schönheitsoperation, müsse die betroffene Frau sofort auf eigene Rechnung handeln. Dann kann sie zum einen den ganz normalen Rechtsweg gehen. Das bedeutet, einen Anwalt einzuschalten, der dann versucht, Forderungen zum Beispiel beim behandelnden Arzt, dem TÜV Rheinland oder der französischen Herstellerfirma PIP geltend zu machen. Oder Betroffene versuchen, eine außergerichtliche Einigung zu erreichen. „Dafür können zum Beispiel die Schlichtungsstellen oder Gutachterkommissionen bei den Landesärztekammern angerufen werden“, sagt Kranich.

Wer eine Rechtsschutzversicherung hat, sollte sich unbedingt zuerst mit dieser in Verbindung setzen, um die Übernahme der Verfahrenskosten sicherzustellen. „Dann ist es nicht so riskant, Forderungen zu stellen.“ Alles andere sei eher unsicher. „Wir brauchen in der Zukunft vor allem bessere Kontrolle und Überwachung - aber das hilft den jetzt Betroffenen nicht mehr so viel“, fügt der Patientenschutz-Experte hinzu.

„Es gibt ein paar Anwälte, die Forderungen von Frauen mit PIP-Implantaten bündeln, an die kann man sich wenden“, erklärt er. Durch die Masse der Mandantinnen müsse die Einzelne dann vielleicht nicht so viel Anwaltskosten zahlen. „Ob so ein Prozess aber sinnvoll ist, ist die Frage.“ Denn die Firma PIP, deren Gründer am Donnerstag (26. Januar) in Frankreich verhaftet worden ist, ist insolvent. Daher sei unklar, ob dort überhaupt etwas zu holen ist.

Ob der TÜV Rheinland, der die minderwertigen PIP-Implantate zertifiziert hat, die richtige Adresse ist, sei ebenfalls noch unklar. Das hänge davon ab, ob der TÜV genauer hätte prüfen müssen, erklärt Kranich. Das hat ein Sprecher am Donnerstag zurückgewiesen: Bei der Prüfung des Qualitätsprozesses habe man sich nichts vorzuwerfen. „Und Forderungen gegen den behandelnden Arzt hätten nur dann Erfolg, wenn er gewusst hätte, dass er minderwertige Qualität verwendet“, sagt Kranich. Davon sei aber in aller Regel nicht auszugehen.

Im Skandal um gefährliche Brustimplantate der französischen Firma PIP hatte am Montag (23. Januar) die erste Betroffene in Deutschland Klage eingereicht. Sie fordert 100 000 Euro unter anderem als Schmerzensgeld sowie für mögliche künftige Schäden. Die Klage richtet sich gegen den Chemikalienhändler Brenntag, den TÜV Rheinland und den behandelnden Arzt.