Pommersche Wurst - Fleischer wollen EU-Herkunftsschutz
Greifswald (dpa) - Wer darf Pommersche Leberwurst produzieren? Eine Schutzgemeinschaft aus Vorpommern kämpft für den EU-Herkunftsschutz. Dieser gilt hierzulande für rund 50 Produkte - vom Lübecker Marzipan bis zum Allgäuer Bergkäse.
Keine starke Majoran-Note wie die Thüringer: „Der Geschmack der Pommerschen Leberwurst ist deftig, aber keines der Gewürze dominiert“, sagt Walter Kienast, Chef des Greifswalder Wurstherstellers Greifen-Fleisch. Für ihn ist die Pommersche Leberwurst ein Qualitätsbegriff, der geschützt werden muss. „Die Pommersche ist bekannt wie Thüringer oder Schlesische Wurst.“ Doch bislang dürfe jeder sein Produkt mit dem Etikett „Pommersche“ versehen, auch wenn die Wurst nicht aus der Region stamme.
Sieben Fleischereibetriebe aus Vorpommern wollen das ändern und haben sich zur Schutzgemeinschaft „Pommerscher Fleisch- und Wurstwaren“ zusammengeschlossen, um drei Wurstsorten als „geschützte geografische Angabe“ eintragen zu lassen. 2010 wurde der Antrag beim Deutschen Patentamt eingereicht. „Wir rechnen damit, dass 2014 die drei Wurstsorten geschützt sein könnten“, zeigt sich Vereinschef Kienast optimistisch.
Der angestrebte EU-Herkunftsschutz attestiert den Herstellern, dass entweder Erzeugung, Verarbeitung oder Herstellung in der betreffenden Region erfolgen. Durch Eintragung in ein von der Europäischen Kommission geführtes Verzeichnis erhalten die Produkte einen markenähnlichen Schutz.
Konkret geht es den Nordost-Fleischern um die Pommersche Leberwurst, die Pommersche Schlackwurst und die Pommersche Blutwurst. „Mit der Markensicherung können Umsätze gesichert und erweitert werden“, sagt Kienast. Und damit auch Arbeitsplätze - in den sieben Betrieben in Loitz, Altentreptow, Pasewalk, Anklam, Heringsdorf und Groß Lüdershagen verdienen nach Angaben der Schutzgemeinschaft rund 300 Mitarbeiter ihre Brötchen mit der Wurst.
Mögliche Konflikte mit der Firma Rügenwalder Mühle, Produzent der Pommerschen Gutsleberwurst, wollen die Pommern vorher klären. „Rügenwalder macht eine gute Wurst“, lobt Kienast. Das Unternehmen mit den markanten vier Windmühlenflügeln hat seinen Ursprung im hinterpommerschen Rügenwalde, produziert seit 1946 in Niedersachsen und ist mit seinen rund 400 Mitarbeitern und dem Jahresumsatz von 174 Millionen Euro im Jahr 2012 größer als die sieben pommerschen Betriebe zusammen. Der niedersächsische Wurstproduzent will sich mit Verweis auf das schwebende Verfahren nicht äußern. Man sei in Abstimmung mit den beteiligten Unternehmen, sagt eine Sprecherin von Rügenwalder Mühle.
Den Anträgen der Vorpommern ging eine lange Vorbereitung voraus; begleitet wurde der Prozess von einem Patentanwalt, berichtet Diana Schmidt, Projektleiterin der Schutzgemeinschaft. Schmidt studierte alte Rezeptbücher, recherchierte in Bibliotheken und befragte alte Fleischerhandwerker.
Dann wurden innerhalb der Schutzgemeinschaft Qualitätsstandards und Grundsätze der Rezeptur für die typisch Pommersche festgelegt. Für jede Sorte wurden Hauptzutaten, -gewürze und das Herstellungsverfahren dokumentiert. Zudem war ein Traditions- und Gebietsnachweis erforderlich.
Die Schutzgemeinschaft und der Verein für Agrarmarketing in Mecklenburg-Vorpommern erhoffen sich neben Umsatzzuwächsen auch einen nicht zu unterschätzenden Werbeeffekt für das Land. Die bisher in Deutschland rund 50 geschützten Produkte sind überregional bekannte Spezialitäten. Das Land unterstützt die Aktivitäten mit 30 000 Euro. Die wirtschaftlichen Vorteile nach einer Unterschutzstellung seien erheblich, wie die Erfahrungen von Produzenten anderer geschützter Produkte zeigten, hieß es aus dem Agrarministerium.