Reiswaffeln mit Arsen - Bundesinstitut warnt
Berlin (dpa) - Gefühlte Generationen von Kleinkindern sind mit einer klebrigen Reiswaffel in der Hand aufgewachsen. Aber die beliebte, weil ungesüßte, fett- und kalorienarme Zwischenmahlzeit hat es in sich: Arsen.
Arsen in Reiswaffeln - das ist seit längerem bekannt. Nun zeigt sich, dass der Anteil von giftigem anorganischen Arsen in Reiswaffeln und Reisbrei oft sogar noch höher ist als im puren Reiskorn selbst. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) rät deshalb dazu, solche Reisprodukte nur in Maßen und als Teil einer ausgewogenen Ernährung zu essen - und sie vor allem Babys und Kleinkindern nur gelegentlich anzubieten.
„Die Gründe für die höheren Gehalte in bestimmten Reisprodukten im Vergleich zu Reiskörnern müssen aufgeklärt werden“, sagt BfR-Präsident Prof. Andreas Hensel. Das Institut veröffentlichte jüngst entsprechende Stellungnahmen, nachdem Überwachungsbehörden der Bundesländer auf die erhöhten Mengen anorganischen Arsens in Reis- und Reisprodukten gestoßen waren.
Während organische Verbindungen des Halbmetalls, wie sie etwa in Fischen und Meeresfrüchten vorkommen, als gesundheitlich unproblematisch gelten, können anorganische Verbindungen in größeren Mengen zu akuten Vergiftungen führen. Frühe Anzeichen dafür sind Bauchkrämpfe oder Durchfälle. Die chronische Aufnahme kleinerer Mengen kann Nerven und Gefäße schädigen, auch birgt sie ein erhöhtes Krebsrisiko. „Da anorganische Arsenverbindungen als krebsauslösend für den Menschen klassifiziert sind, sollten Lebensmittel davon nur so wenig wie möglich erhalten“, sagt Hensel. Das ist wichtig, weil auch weitere, viel verzehrte Nahrungsmittel vom Trinkwasser bis zur Milch winzige Mengen des giftigen Stoffes enthalten.
Deshalb geht es nun um Höchstwerte, die ab Anfang 2016 laut EU-Beschluss auf europäischer Ebene eingeführt werden sollen: 0,2 Milligramm Arsen pro Kilogramm Reis sollten nach Ansicht des BfR dabei nicht überschritten werden, wenn Erwachsene den Reis verzehren. Für Babys und Kleinkinder findet das Institut aber selbst den avisierten Höchstwert von 0,1 Milligramm Arsen pro Kilo Reisprodukt noch zu hoch - und empfiehlt deshalb, die Minis nicht ausschließlich auf Basis von Reis, Reismilch oder Reisbrei zu ernähren. Eine akute Gesundheitsbeeinträchtigung sei bei den gemessenen Konzentrationen derzeit zwar für alle Bevölkerungsgruppen unwahrscheinlich, konstatiert das BfR. Dennoch: „Für die krebsauslösende Wirkung von anorganischem Arsen lässt sich keine sichere Aufnahmemenge definieren.“
Die mittlere Konzentration für weißen Reis liegt in Deutschland nach BfR-Angaben bei 0,1 Milligramm Arsen pro Kilogramm Reis, es seien aber auch schon 0,2 Milligramm gemessen worden. Bei Reiswaffeln und -flocken seien die Werte insgesamt etwas höher. Auch der braune Vollkornreis enthalte etwas mehr Arsen als weißer, bei dem die Randschichten weitgehend entfernt sind.
Die Frage ist nun: Sind Bioprodukte ebenso belastet? Das BfR kann keine Aussagen dazu machen, ob ökologisch produzierte Produkte weniger Arsen enthalten als konventionell hergestellte. Die Zeitschrift Ökotest hingegen testete schon mehrfach Reiswaffeln beiderlei Herkunft - und Ökoprodukte schnitten keineswegs besser ab. „Die festgestellten Arsengehalte sind bedenklich, denn anorganisches Arsen ist als krebserregend eingestuft und Kleinkinder essen enorm viel im Verhältnis zu ihrem Körpergewicht“, sagte die Lebensmitteltoxikologin Prof. Tanja Schwerdtle (Uni Münster) zu den Testergebnissen.
Auch die Hersteller sehen das Problem. „Wir begrüßen es grundsätzlich, dass das BfR Empfehlungen ausgesprochen hat und die EU-Kommission mittlerweile Grenzwerte festgelegt hat, an denen sich die Hersteller orientieren können“, sagt Peter Röhrig, Geschäftsführer beim Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft, in dem zahlreiche Bioverbände zusammengeschlossen sind. Er sieht die Grenzwerte für den Vollkornreis jedoch zu streng gezogen.
Die deutschen Reismühlen, zusammengeschlossen im Verband der Deutschen Getreideverarbeiter und Stärkehersteller (VDGS), befassen sich seit Jahren mit dem Thema Arsen im Reis und versuchen, die Belastung zu verringern. Sie betonen, dass ihre Monitorings für puren Reis Höchstwerte unterhalb der 0,2 Milligramm-Marke ergeben hätten - allerdings liegt er mit 0,11 mg knapp über der für Babys empfohlenen Höchstmenge. „Ich gehe davon aus: Wenn der Rohstoff okay ist, sind auch weiterverarbeitete Produkte okay“, sagte eine Lebensmittelchemikerin des VDGS.
Mit Blick auf derzeitige Ernährungstrends, die weg vom „bösen“, gluten-haltigen Weizen gehen, gewinnt die Verzehreinschränkung für Reis auch für Erwachsene an Relevanz. Menschen, die Weizen meiden oder an Glutenunverträglichkeit (Zöliakie) leiden, sollten deshalb nicht eingleisig auf Reis ausweichen, empfiehlt das BfR. Daneben sollten auch andere glutenfreie Getreidearten wie Mais, Hirse, Buchweizen oder Amaranth auf dem Speiseplan stehen. Reis sollte jedoch weiter zu einer abwechslungsreichen Ernährung gehören.