Studie: Jeder Vierte nimmt viele Pillen zugleich
Düsseldorf (dpa) - Zahlreiche Menschen in Deutschland schlucken täglich mehr als zwei verschiedene Medikamente. Apotheker warnen nun vor möglichen gesundheitlichen Folgen und schlagen einen Lösungsweg vor.
Bei einer Umfrage unter rund 13 000 erwachsenen Bundesbürgern gab rund jeder vierte (23 Prozent) an, regelmäßig drei oder mehr Medikamente zu nehmen. In der Gruppe der Senioren ab 70 Jahre ist es sogar jeder zweite. Die repräsentative Forsa-Umfrage wurde im Auftrag der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (Abda) erstellt. Abda-Präsident Friedemann Schmidt präsentierte die Ergebnisse im Vorfeld des Deutschen Apothekertages, der am Donnerstag in Düsseldorf beginnt.
Gut die Hälfte (54 Prozent) der Patienten, die drei oder mehr Medikamente gleichzeitig nehmen, ist bei mehr als einem Arzt in Behandlung. Und etwa jeder dritte der Patienten (29 Prozent) mit drei oder mehr Arzneimitteln nimmt sowohl verordnete als auch zusätzlich rezeptfreie Medikamente ein. Schmidt betonte, diese sogenannte Polymedikation sei für viele Patienten zwar erforderlich aufgrund mehrerer Erkrankungen, besonders bei Älteren. Es gebe aber auch häufig vermeidbare und gesundheitsschädigende Fälle.
Für Polymedikation gibt es laut Abda keine einheitliche Definition. In der Regel gehe man von drei oder mehr Medikamenten aus oder aber von fünf oder mehr, die zeitgleich und auf Dauer geschluckt werden. In der Forsa-Umfrage gaben neun Prozent der Befragten an, fünf oder mehr Arzneimittel zu nehmen. Als Folge der Polymedikation sterben hierzulande nach Abda-Angaben mehr Menschen als im Straßenverkehr. 2014 gab es rund 3400 Verkehrstote.
Häufiger Grund ist nicht nur, dass mehrere Ärzte gleichzeitig verordnen, sondern: Medikamente werden nach Auskunft der Apotheker-Vereinigung oft weiter eingenommen, auch wenn sich die Therapie bereits als erfolglos erwiesen habe. Oder der Patient schlucke Mittel auch noch, obwohl das Therapieziel schon erreicht sei.
Um die Risiken zu senken, forderte Schmidt für jeden Patienten einen Medikationsplan, in dem die gesamte Medikamentenliste - laufend aktualisiert und von Ärzten und Apotheken abgestimmt - enthalten sein müsse. Derzeit gebe es noch zu wenig Abstimmung: „Neun von zehn Medikationslisten, die alleine vom Arzt ausgestellt werden, stimmen nicht mit dem überein, was die Patienten tatsächlich einnehmen“, sagte Schmidt.