Web als Medizinratgeber Studie: Viele Menschen fragen Dr. Internet

Gütersloh (dpa) - Vom Krankheitsbild bis zur Behandlungsmethode: So mancher Patient sucht im Netz nach Informationen und verlässt sich längst nicht mehr nur auf den Arzt.

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Fast die Hälfte der Menschen (46 Prozent), die sich in den vergangen zwölf Monaten zu Gesundheitsthemen informiert haben, hat dafür das Internet genutzt. Das zeigt eine Studie der Bertelsmann-Stiftung, die auf einer bevölkerungsrepräsentativen Umfrage und auf Tiefeninterviews beruht. Demnach informierten sich 58 Prozent dieser Internet-Nutzer vor einem Arztbesuch online, und 62 Prozent recherchierten nach einem Arzttermin noch im Web nach.

Die Motive für den Blick ins Netz sind unterschiedlich: Patienten überprüfen laut den Tiefeninterviews die Informationen vom Arzt, recherchieren zu alternativen Behandlungsmethoden, suchen aber auch Austausch und emotionale Unterstützung. Und mit den Ergebnissen sind die meisten zufrieden: Gut jeder Zweite (52 Prozent) ist „immer“ oder „meistens“ zufrieden, vier von zehn (44 Prozent) sind „teils, teils“ zufrieden. Niemand war völlig unzufrieden. „Anders als vielfach behauptet, ist das Internet ein geschätzter Ratgeber. Patienten finden, wonach sie suchen“, erklärte Brigitte Mohn, Vorstand der Bertelsmann Stiftung.

Bei der Bewertung der im Netz gefundenen Informationen durch die Patienten zeigt die Studie ein gemischtes Bild: Laut der repräsentativen Befragung sagen rund zwei von drei Befragten (65 Prozent), es sei schwierig zu erkennen, welche Informationen vertrauenswürdig sind und welche nicht. Jeder Zweite (51 Prozent) gab zudem an, die Fülle der Informationen verwirre.

In den Tiefeninterviews zeigte sich zudem, dass viele den im Netz gefundenen Informationen oft vorschnell vertrauen, wie Marion Grote-Westrick von der Bertelsmann-Stiftung sagt. Patienten würden kaum darauf achten, ob eine gefundene Informationen auch wissenschaftlich belegt sei. Entscheidend sei für die Patienten häufig eher, wie oft eine Information im Netz auftauche.

Im Netz häufig konsultierte Adressen für Gesundheitsinformationen sind an erster Stelle Online-Lexika. Sie nutzen fast drei von vier Befragten (72 Prozent), gefolgt von den Internetseiten der Krankenkassen (49 Prozent) sowie Gesundheitsportalen (42 Prozent).

Für die Ärzte bringt das neue Herausforderungen mit sich: „Ärzte müssen lernen, mit Apps umzugehen, und den Patienten sagen, wo sie im Netz verlässliche Informationen finden“, sagte Corinna Schaefer von der Bundesärztekammer der Deutschen Presse-Agentur. Und sie müssten viel stärker als früher nachfragen, was die Erwartungen der Patienten sind. Denn diese haben durch das Netz oft schon Vorstellungen - etwa, dass Schmerzen mit einer bestimmten Behandlungsmethode um 50 Prozent reduziert werden könnten. Ärzte sollten gute Informationsquellen im Netz kennen und empfehlen, fordert die Stiftung.

Doch nicht nur die Mediziner sind gefragt - auch die Patienten müssen etwas tun: „Es ist als Patient wichtig, die im Netz gefundenen Infos auch auf den Tisch zu legen“, fordert Schaefer. Denn nur dann könne der Arzt auf die Erwartungen der Patienten eingehen. Transparenz bei der Kommunikation beuge Misstrauen in der Arzt-Patienten-Beziehung vor.

Gerade an Transparenz zwischen Arzt und Patient mangelt es laut der Studie derzeit noch oft: Fast jeder Dritte (30 Prozent), der im Netz nach Gesundheitsinformationen sucht, hat dies dem Arzt schon einmal verschwiegen. Ein Viertel hat sogar Angst, dass der Arzt sich darüber ärgert. Dabei sind diese Sorgen der Studie zufolge oft unbegründet. 81 Prozent der befragten Ärzte sehen es prinzipiell positiv, dass Patienten sich im Netz informieren.