Verseuchte Molke: Weltgrößter Exporteur am Pranger
Peking/Wellington (dpa) - Nach dem Fund hochgiftiger Bakterien in Molke bemüht sich der weltgrößte Milchexporteur Fonterra aus Neuseeland um Schadensbegrenzung.
„Wir entschuldigen uns aufrichtig bei den Menschen, die betroffen sind“, sagte Konzernchef Theo Spierings am Montag auf einer Pressekonferenz in Peking. Das Unternehmen hatte am Wochenende vor den Bakterien gewarnt, die demnach eine lebensgefährliche Botulismus-Vergiftung auslösen kann. Es gebe bislang aber keine Hinweise, dass jemand erkrankt sei. In China war das Thema besonders brisant, weil dort 2008 schon einmal Babys an verseuchter Säuglingsmilch starben.
Fonterra steht nun wegen seiner schleppenden Informationspolitik am Pranger. So geht es um Molke, die schon im Mai 2012 produziert worden war. Erst vergangene Woche hätten Tests die Bakterien nachgewiesen, teilte Fonterra mit. Außer nach China wurde die Molke auch nach Australien, Malaysia, Saudi-Arabien, Thailand und Vietnam verkauft und möglicherweise in Säuglingsmilch, Sportgetränken und anderen Produkten weiter verarbeitet.
Firmen-Chef Spierings war nach Bekanntwerden des Skandals sofort nach China geeilt und versprach volle Kooperation mit den Behörden. Das Land ist der größte Absatzmarkt des Unternehmens. 83 Prozent des importierten Milchpulvers in China kommt aus Neuseeland.
Bei dem Skandal 2008 hatte ein einheimischer Produzent Babymilch mit der Chemikalie Melamin versetzt, um einen höheren Proteingehalt vorzutäuschen. Sechs Babys starben, 300 000 wurden krank. Fonterra war nach Medienberichten zu 43 Prozent an der Firma Sanlu beteiligt, die im Zentrum des Skandals stand. Seitdem setzen chinesische Eltern auf Pulver aus dem Ausland. In Supermärkten in Hongkong, Singapur, Australien und anderswo werden bis heute die Bestände wegen des Ansturms chinesischer Kunden zeitweise knapp.
Sogar hierzulande hatte es noch im Frühjahr dieses Jahres Engpässe bei Trockenmilch gegeben. Die zum Danone-Konzern gehörende Milupa GmbH vermutete damals, dass Privatleute und Kleinunternehmer die Regale leerkaufen, um Produkte nach China zu exportieren. Dort scheint Trockenmilch aus Deutschland wohl als besonders vertrauenswürdig zu gelten. Ob es nun wieder Auswirkungen auf den deutschen Markt gibt, ist völlig unklar. Derzeit sei die Lage ganz entspannt, sagte eine Milupa-Sprecherin am Montag der dpa.
China verhängte bei dem aktuellen Skandal ein Importverbot für Fonterra-Waren und nahm Milchprodukte aus den Regalen. In Neuseeland und Vietnam wurden einige Säuglingsmilchprodukte vom Markt genommen. Neuseelands Regierungschef John Key kritisierte das Unternehmen im Radio: „Wir werden den Informationsfluss untersuchen, und welche Schritte Fonterra unternommen hat.“ Key zeigte sich „etwas erstaunt“, dass Fonterra nicht sofort reagiert habe, als im Mai vergangenen Jahres schon etwas gefunden worden sei. Das Unternehmen versprach Aufklärung über die Zeitabläufe.
In China sind vier Unternehmen betroffen, insbesondere Dumex, ein Hersteller von Babymilchpulver. Die Firma hatte 208 Tonnen möglicherweise verunreinigte Molke bei Fonterra gekauft. Die Hälfte ging in die Produktion von Säuglingsmilchpulver, wie die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua chinesische Aufsichtsbehörden zitierte. Insgesamt seien mit der gesamten Lieferung 726 Tonnen verschiedene Milchprodukte hergestellt worden, von denen 420 Tonnen bereits auf dem chinesischen Markt verkauft worden seien.
„Wir verstehen völlig, dass es Sorgen bei Eltern und Verbrauchern in der ganzen Welt gibt“, sagte Spierings. Eltern hätten das Recht, sich darauf verlassen zu können, dass Säuglingsmilch und andere Milchprodukte sicher seien. Fonterra ist eine Bauernkooperative mit 17 300 Mitarbeitern. Sie produziert 16 Milliarden Liter Milch im Jahr. Der Umsatz liegt bei 19,8 Milliarden Neuseeländischen Dollar (11,6 Milliarden Euro). Die Fonterra-Aktien brachen am Montag um fast zehn Prozent ein, ein Verlust von fast 600 Millionen Euro.