Vor dem Zähneziehen genau nach Diagnose fragen
Berlin (dpa/tmn) - Ein Zahnarzt zieht seiner Patientin mehr Zähne als vereinbart - und muss nun dafür ins Gefängnis. Damit es gar nicht erst zu so einer Situation kommt, sollten Patienten sich vor dem Eingriff gut über Risiken, Folgen und Begleitumstände aufklären lassen.
Weil er einer Patientin sieben Zähne zu viel gezogen hat, ist ein Zahnarzt aus Sachsen-Anhalt zu 14 Monaten Gefängnis verurteilt worden. Das Landgericht Stendal sprach den 42-Jährigen am Mittwoch (22. Mai) der Körperverletzung schuldig und verhängte ein zweijähriges Berufsverbot. In dem Fall war die Patientin zwar unter Vollnarkose und hatte wenig Chancen zu Gegenwehr. In anderen Situationen können Betroffene den Arzt aber durchaus kontrollieren.
Bevor ein Zahnarzt seinem Patienten einen Zahn zieht, sollte er ihm detailliert erläutert haben, warum der Eingriff nötig ist. „Den Grund, warum der Zahn nicht erhaltungswürdig ist, sollte man unbedingt erfragen“, sagt Gregor Bornes von der Kompetenzstelle Zahngesundheit der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD). Das könne zum Beispiel der Fall sein, wenn der Zahn wegen einer stark fortgeschrittenen Parodontose ohnehin locker oder die Wurzel sehr stark entzündet ist.
Der Patient müsse außerdem wissen, welche Risiken, Folgen und Begleitumstände damit verbunden sind. Der Arzt sollte auch erklären, welche Betäubung vorgesehen ist, ob genäht wird und wie lange der Patient mit der Wunde zu tun haben wird. Um Überraschungen zu vermeiden, sollte der Patient genau erfragen, wie viele Zähne an welcher Stelle im Gebiss gezogen werden, und sich diese zeigen lassen.
Bornes rät, den Mediziner eindringlich zu fragen: „Was ist die konkrete Indikation oder Diagnose? Wackelt der Zahn? Oder ist er entzündet? Steht er einem vernünftigen Zahnersatz im Weg?“ Der Patient könne sich auch andersherum erkundigen: „Wie lange würde der Zahn denn noch halten, wenn Sie den jetzt nicht ziehen?“ So könne er möglichst sichergehen, dass er den Grund für das Zahnziehen gut verstanden hat und dass es dazu keine Alternative gibt. Wer aufgrund der Antworten kein Vertrauen in die vorgeschlagene Behandlung habe, sollte sie am selben Tag ablehnen und sich eine zweite Meinung bei einem anderen Zahnarzt einholen.
Eine schriftliche Vereinbarung über das Zahnziehen ist Bornes zufolge nicht üblich. Eine mündliche Einwilligung des Patienten reicht in der Regel für eine solche Behandlung. „In dem Moment, wo ich den Mund aufmache, ist die Einwilligung im Prinzip gegeben.“ Der Arzt dokumentiere in der Regel in der Krankenakte, dass er den Patienten über die Diagnose, die Risiken und mögliche Nebenwirkungen der Behandlung aufgeklärt hat. Das Aufklärungsgespräch vor dem Eingriff sollte der Patient Bornes zufolge möglichst nicht liegend auf dem Zahnarztstuhl führen, sondern möglichst daneben im Stehen oder an einem extra Tisch sitzend.
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