Wärmendes Handauflegen: Selbstheilung durch Reiki
Hitzhusen (dpa/tmn) - „Universelle Energie“ soll den Körper durchströmen und so seine Selbstheilungskräfte anregen. Die japanische Entspannungsmethode Reiki arbeitet mit Handauflegen - das schadet niemandem, aber ein Nutzen ist wissenschaftlich bisher auch nicht belegt.
Bei dieser Behandlung kommt weder duftendes Öl zum Einsatz, noch spürt man massierende Hände auf der Haut. Nicht einmal die Bekleidung muss abgelegt werden - dennoch gilt Reiki als äußerst entspannend. „Reiki kann man im Grunde überall und ohne viel Aufhebens anwenden“, sagt Regina Zipfl, Reiki-Meisterin und Präsidentin des Reiki-Verbands Deutschland in Hitzhusen bei Hamburg. Dennoch sorgt sie bei Behandlungen für ein schönes Ambiente. „Der Raum ist abgedunkelt und es läuft Entspannungsmusik“, erklärt die ausgebildete Krankenschwester.
Der Ablauf einer Reiki-Ganzkörperbehandlung ist immer gleich - oder zumindest sehr ähnlich: Nach einem kurzen Eingangsgespräch legt sich der Klient - er wird bewusst nicht Patient genannt - auf eine Liege, zuerst auf den Rücken, später auf den Bauch. Dabei bleibt er bekleidet. Nun legt ihm der Behandelnde vom Kopf hinab die Hände an unterschiedlichen Körperstellen auf, nur im Intimbereich verharrt die Hand einige Zentimeter vom Körper entfernt. „Die meisten Menschen spüren durch das Handauflegen eine angenehme Wärme“, erläutert Zipfl. Einige vermuteten dann, dass die Hände des Behandelnden besonders warm sind. „Wenn sie merken, dass meine Finger Normaltemperatur haben, staunen sie“, sagt Zipfl.
Die Reiki-Philosophie erklärt diese Wärmeentwicklung mit der universellen Energie. Denn nichts anderes bedeutet das japanische Wort „Reiki“. „An diese universelle Energie sind alle Lebewesen angeschlossen, durch sie existieren wir“, sagt Manfred Focke, Vorsitzender des Deutschen Reiki Bundes in Hamm in Nordrhein-Westfalen. Durch Reiki-Behandlungen könne man sich dieser Energie bedienen. Denn je mehr Energie fließt, desto gesünder sei ein Mensch.
„Der Reiki-Gebende ist dabei nur ein Kanal“, ergänzt Focke. Seine Technik erlangt er durch eine Einweihung. Sie entspricht dem ersten von drei Graden des Reiki, wobei der zweite die Fähigkeiten vertieft. Durch den dritten Grad werden die Anwender zum Reiki-Meister und dürfen andere unterrichten. Als Entdecker des Reiki Anfang des 20. Jahrhunderts gilt der japanische Buddhist Mikao Usui. In der westlichen Welt wurde Reiki durch die Amerikanerin Hawayo Takata verbreitet, sie war die erste Meisterin außerhalb Japans. Seit den 1980er Jahren ist Reiki auch in Deutschland bekannt.
Der Energiefluss des Reiki soll die Selbstheilungsprozesse im Körper anregen. „Deshalb würde ich jemandem, der primär an Entspannung und Wellness interessiert ist, eher raten, sich eine normale Massage geben zu lassen“, sagt Oliver Klatt, Reiki-Meister, Herausgeber und Chefredakteur des Reiki-Magazins in Berlin. Denn unter Umständen könne es zunächst zu einer leichten Verschlimmerung der Beschwerden kommen, ehe eine Besserung eintritt. Jemand, der Probleme mit dem Rücken hat, bekomme nach einer Reiki-Behandlung vielleicht zunächst Kopfschmerzen, ehe sich sein Zustand bessert.
Die Menschen, die zu Regina Zipfl kommen, haben ganz unterschiedliche Beschwerden. Oft sind es chronische Leiden wie Rheuma oder Arthrose. Auch bei der Bekämpfung von Essstörungen wird Reiki unterstützend angewendet. Manche Klienten sind einfach nur erschöpft und ausgebrannt. „Viele fühlen sich anschließend wie aufgetankt“, sagt Zipfl. „Dieser Zustand kann bis zu drei Wochen anhalten.“ Einschränkungen macht Zipfl nur bei Menschen mit Herzbeschwerden und Diabetikern. Diese behandelt sie zwar, aber spart dabei bestimmte Stellen aus.
Die Reiki-Geber stoßen häufig auf Skepsis. „Reiki kann man nicht wissenschaftlich beweisen, und es wirkt bei jedem anders“, räumt Focke ein. Viele halten es zunächst für Humbug, die meisten überzeuge es aber, wenn sie es ausprobieren. Ein Berliner Unfallkrankenhaus etwa verabreicht seinen Schmerzpatienten mittlerweile regelmäßig Reiki, weil die Resonanz der Patienten positiv ist und ihre Schmerzen dadurch gelindert werden.
Außerdem wenden viele Menschen das Handauflegen ganz intuitiv an: Sei es eine Schwangere, die ihren Bauch streichelt, jemand mit Zahnschmerzen, der sich die Wange hält, oder Eltern, die an der Stelle pusten oder streicheln, die ihrem Kind wehtut. „Die meisten entspannt und beruhigt Reiki“, sagt Focke. Manche schlafen bei der Behandlung sogar ein, andere wiederum sehen innere Bilder. Reiki sei weder gefährlich noch schädlich. „Im schlimmsten Fall passiert bei einem Klienten gar nichts“, sagt Zipfl.
Literatur:
Klatt, Oliver/Lindner, Norbert: Reiki und Schulmedizin: Wie Energiemedizin und Klassische Medizin zusammenkommen, Windpferd, 240 S., 12,90 Euro, ISBN-13: 978-3893855094