Was kommt ins Bier? Gerste und Hopfen auf dem Prüfstand
Karlsruhe (dpa) - Nur Gerste, Hopfen und Wasser dürfen ins Bier. Die Qualität der Zutaten ist aber zum Zankapfel geworden - weil der Chef der Staatsbrauerei Rothaus an der Gersten-Qualität der Konkurrenz zweifelt.
Im Labor der Mälzerei Best Malz sieht es eher nach Kaffee als nach Bier aus: Aus Filtern tropft eine hellbraun-goldene Flüssigkeit in Messbecher. Sogenannte Mälzer untersuchen hier Proben der neuesten Gerstenlieferung.
„Über 20 Kriterien definieren eine gute Gerste“, erklärt Best-Malz-Vorstand Martin Göhler in Heidelberg. Er nennt den Eiweißgehalt, die Größe der Körner und vor allem ihren Stärkegehalt. Beim Mälzen wird die unlösliche Stärke in löslichen Zucker verwandelt. Dieser ist dann in der Brauerei die Grundlage für den Alkohol im Bier, zusammen mit Hopfen, Wasser und Hefe.
Von der wichtigen Rolle der mikroskopisch kleinen Hefepilze, die auch in der Luft sind, wussten die Verfasser des bis 1516 zurückgehenden Reinheitsgebots für Bier allerdings noch nichts.
Bei Best Malz kommt die Gerste aus Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Hessen und dem nahen Frankreich. Auf andere Lieferanten muss demnach nur dann zurückgegriffen werden, wenn die Ernte aus der Region schlecht oder ganz ausfällt. Für die Mälzer ist ein nahe gelegenes Anbaugebiet wegen der Transportkosten günstiger.
Wegen eben der Herkunft der Rohstoffe ist die Stimmung über den Sudkesseln allerdings angespannt: Die privaten Brauereien wehren sich derzeit gegen die landeseigene Staatsbrauerei Rothaus. Deren Vorstand Christian Rasch hatte im Sommer erklärt, Rothaus sei die einzige Brauerei in Baden-Württemberg, die qualitativ hochwertige Rohstoffe ausschließlich aus der Region beziehe. Diese Aussage sei falsch, betonte der Verband privater Brauer. Nach Angaben des Verbandes hat sich Rasch bereiterklärt, die kritisierten Aussagen künftig zu unterlassen.
Bei Hoepfner in Karlsruhe befindet sich eine Best-Malz-Mälzerei gleich auf dem Gelände der Privatbrauerei. Geschäftsführer Willy Schmidt weiß, dass die Befindlichkeiten beim Bier groß sind. „Immerhin gibt es mit dem Reinheitsgebot das erste Lebensmittelgesetz überhaupt - das ist Verbraucherschutz pur.“
Zum Verbraucherschutz gehört auch Transparenz bei der Herkunft der Rohstoffe. Viele Brauereien machen daraus jedoch ein Geheimnis. Der baden-württembergische Brauerbund sagt es durch die Bierblume: „Die Rohstoffe sind so verschieden, wie es Biere gibt. Im Einzelnen wissen nur die Braumeister selbst, woher sie ihre Rohstoffe beziehen.“
Hoepfner-Braumeister Holger Wunsch gibt Auskunft: Man setze auf Hopfen aus Tettnang und der Hallertau in Bayern. Seit 170 Jahren wird in Tettnang (Bodenseekreis) Hopfen angebaut. Drei Prozent der Gesamtanbaufläche für Hopfen weltweit stehen dort.
Fast das gesamte Gebiet werde mit uralten Sorten bepflanzt, erklärt der Geschäftsführer des Hopfenpflanzer-Verbands Tettnang, Jürgen Weishaupt. Anders als bei vielen anderen Pflanzen handelt es sich dabei um keine Kreuzungen. Der „Ur-Hopfen“ sei zwar nicht so ertragreich, aber für den guten Ruf als „Aromahopfen“ verantwortlich. In diesem Jahr rechnet Weishaupt mit einem Ertrag von 1000 bis 2000 Tonnen. 70 bis 80 Prozent davon gehen ins Ausland, der Rest an heimische Brauereien.
Bis der Hopfen dort in den Silos landet, geht er über mehrere Zwischenhändler. Die verkaufen die Dolden direkt oder pressen sie erst zu Pellets. So ist er leichter zu lagern und zu dosieren. Das hilft den Brauern, Schwankungen im Naturprodukt auszugleichen. Manche Händler verarbeiten den Hopfen auch zu einem zähflüssigem Extrakt.
Mit dem aber tun sich viele Brauer jedoch schwer: Zwar besitze Hopfenextrakt ähnliche Vorteile wie Pellets. „Aber der Verbraucher wird beim Aufdruck „Extrakt“ stutzig, das Wort ist negativ behaftet“, weiß Hoepfner-Braumeister Wunsch. Dabei ändere das an der Qualität nichts, Hopfenextrakt sei sogar länger haltbar. Brauer dürfen die Essenz aber nur dann verwenden, wenn sie mit Kohlendioxid und nicht mit Ethanol gefiltert wurde.
„Der Verbraucher erwartet, dass wir auch mit Naturprodukten eine immer gleichbleibende Qualität liefern“, erklärt Wunsch die Herausforderung. Dazu unterliegen die Rohstoffe, die Zwischenstufen im Brauprozess und das Endprodukt strengen Kontrollen. Um den Geschmack zu gewährleisten, müsse daher die Qualität an erster Stelle stehen, betont Geschäftsführer Willy Schmidt. Erst danach komme die Frage der Herkunft.