WHO: Beispiellose Infektionsrate unter Ebola-Helfern

Genf/Paris/Freetown (dpa) - Die sich ausweitende Ebola-Epidemie stellt die Weltgesundheitsorganisation vor enorme Probleme. Auch wegen mangelnder Ausrüstung haben sich extrem viele Helfer infiziert. Ein Experte wirft der Organisation vor, viel zu spät reagiert zu haben.

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Bei der Ebola-Epidemie in Westafrika haben sich medizinische Helfer in beispiellosem Ausmaß mit dem Virus infiziert. Bislang hätten sich mehr als 240 Ärzte, Pfleger und andere Helfer angesteckt, von denen über 120 gestorben seien, teilte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am Dienstag in Genf mit. Der Ebola-Mitentdecker Peter Piot warf der Organisation vor, viel zu spät auf die Epidemie reagiert zu haben.

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Für die hohe Infektionsrate unter den Helfern nannte die WHO etliche Gründe: Oft sei die Ausstattung mit Schutzausrüstung wie Spezialkleidung, Mundschutz oder Handschuhen unzureichend. Zudem seien viele Helfer mit der chaotischen Situation vor Ort völlig überfordert, was das Infektionsrisiko erhöhe. „Überlastetes Personal ist anfälliger für Fehler“, erklärte die WHO.

Der Kampf gegen die Epidemie wird nach Angaben der Vereinten Nationen durch die Reduzierung der internationalen Flüge nach Westafrika stark behindert. Dadurch werde es sehr schwer, Helfer und Hilfsgüter in die betroffenen Länder zu bringen, sagte der UN-Koordinator für Hilfsoperationen in Sierra Leone, David McLachlan-Karr, bei einer Pressekonferenz in Freetown. Die UN seien bereit, Maßnahmen zur Eindämmung der Epidemie erheblich auszuweiten. „Aber dies ist nur möglich, wenn die Flüge wieder aufgenommen werden.“

Unterdessen weitet sich der Virus-Ausbruch nach den Worten des UN-Sonderbeauftragten für die Bekämpfung von Ebola, David Nabarro, immer noch aus. Für die Bekämpfung der Seuche sei eine „globale Partnerschaft“ nötig, an der sich alle Staaten beteiligen, betonten die UN in einer Mitteilung.

Piot, der verschiedene UN-Programme leitete, warf der WHO vor, zu langsam auf den Ausbruch in Westafrika reagiert zu haben. Bereits im März sei gewarnt worden, dass sich seit Dezember 2013 eine Ebola-Epidemie entwickele, sagte der belgische Forscher der Pariser Zeitung „Libération“ (Dienstag).

„Ungeachtet von Anforderungen durch MSF (Ärzte ohne Grenzen) ist die WHO nicht vor Juli aufgewacht“, kritisierte der Mikrobiologe, der das Ebola-Virus 1976 im damaligen Zaire mitentdeckte. „Inzwischen hat sie die Führung übernommen, aber das kam spät.“ Der 65-Jährige warnte, dass die Epidemie noch weit schlimmere Folgen haben könne als bisher. Für westliche Länder sieht er keine ernste Gefahr. Es sei möglich, dass einzelne Fälle von Ebola auftreten. Moderne Gesundheitssysteme könnten damit aber fertig werden. Ebola-Viren würden sich keineswegs so leicht verbreiten wie etwa Grippe-Erreger.

Der mit Ebola infizierte britische Krankenpfleger könnte nach Darstellung des Gesundheitsministeriums in London noch mit dem Medikament „ZMapp“ behandelt werden. Die britischen Behörden stünden mit der WHO in Kontakt, um an dieses oder ein ähnliches noch nicht zugelassenes Medikament zu kommen.

Die Entscheidung, ob das noch im Experimentierstadium befindliche Mittel angewandt wird, müssten die Mediziner gemeinsam mit dem Patienten treffen. Im Royal Free Hospital in London liegt der 29-Jährige, der sich als Helfer in Sierra Leone angesteckt hatte. Für Ebola gibt es kein zugelassenes Heilmittel.

Die Behandlung mit „ZMapp“ gilt als vielversprechend. Es hat in den zurückliegenden Wochen aber auch Todesfälle bei Ebola-Patienten gegeben, die das Medikament erhalten hatten. „Es ist wichtig, deutlich zu machen, dass es bisher kein Medikament gibt, dessen Wirkung gegen Ebola erwiesen ist“, sagte der Sprecher in London.

Wegen Ebola-Gefahr warnte das Auswärtige Amt in Berlin vor Reisen in die nordöstlichen Landesteile der Demokratischen Republik Kongo. Das zentralafrikanische Land verfüge aber über Erfahrungen im Umgang mit Ebola-Epidemien.

Die Organisation Ärzte ohne Grenzen schickt Mediziner in das Gebiet. Bislang sei in der Provinz Equateur bei vier Patienten Ebola bestätigt worden, teilte der MSF-Koordinator im Kongo, Jeroen Beijnberger, mit. Die Organisation entsende Ärzte, Krankenschwestern, Logistik- und Hygieneexperten. „Wir wollen die Patienten rasch isolieren und zugleich mit der Fahndung nach Personen beginnen, mit denen sie in Kontakt waren.“ Gemeinsam mit dem Gesundheitsministerium des Kongos errichte MSF ein Zentrum zur Ebola-Bekämpfung in der Ortschaft Lokolia.

Die Ebola-Fälle im Kongo stehen nach bisherigen Erkenntnissen in keinem Zusammenhang mit der sich stärker ausweitenden Epidemie in den westafrikanischen Ländern Liberia, Sierra Leone und Guinea.