Beim Ausmessen der Wohnung steckt der Teufel im Detail

Frankfurt/Main (dpa/tmn) - Wer die Miete erhöhen will, muss die tatsächliche Wohnfläche zugrunde legen. Das hat der Bundesgerichtshof 2015 entschieden. Seitdem gilt nicht mehr, was lange toleriert wurde: Auf zehn Prozent mehr oder weniger Fläche kam es nicht an.

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Die richtige Wohnfläche herauszufinden, ist aber schwierig. „Der Teufel steckt im Detail“, sagt Mietrechtsanwalt Michael Eggert aus Frankfurt am Main. Schon das Anlegen des Zollstocks ist kompliziert - etwa bei einer 20 Zentimeter tiefen Heizung. In Brusthöhe und damit über dem Heizkörper angelegt, ist das Zimmer 20 Zentimeter länger, als wenn das Maßband in Hüfthöhe angelegt wird und der Heizkörper im Weg steht. „Macht bei vier Zimmern fast vier Quadratmeter Differenz“, betont Eggert. Ähnlich verhält es sich mit Fußleisten, Kabelkanälen und Fensterbänken.

Anhaltspunkte zur Bestimmung der Wohnfläche lassen sich aus der Wohnflächenverordnung (WoFlV) ableiten. Sie betrifft offiziell den sozialen Wohnungsbau. Trotzdem folgen Gerichte der Verordnung auch im Streit um frei finanzierte Wohnungen. Die Leitlinie bestimmt unter anderem, dass Räume ab einem und mit weniger als zwei Metern Höhe zur Hälfte in die Wohnfläche einfließen dürfen. Dies spielt wegen der vielen Schrägen insbesondere in Wohnungen im Dachgeschoss eine Rolle.

Die WoFlV gibt darüber hinaus vor, wie mit Balkon, Terrasse, Keller und Abstellraum umzugehen ist. Sabine Georgi von der Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung (gif) erläutert: „Balkone und Terrassen sind in der Regel zu einem Viertel anrechenbar“. In Ausnahmen sind es maximal 50 Prozent. Garagen zählen genauso wenig mit wie Schuppen und Keller. Und: Generell ist bei WoFlV die Messlatte oberhalb der Fußleiste anzulegen.

Die WoFlV gilt für Verträge ab 2004, ältere orientieren sich an der II. Berechnungsverordnung. Balkone darf der Vermieter hier etwa zur Hälfte berücksichtigen. Ab und zu stehen auch Angaben nach der DIN-Norm 277 in Verträgen. „Mit der DIN lässt sich die Nutzungsfläche ermitteln, den Begriff Wohnfläche sucht man vergebens“, sagt Georgi. Hier sind Flure auch keine Nutzfläche, Balkone und Terrasse aber wohl. Wegen der verschiedenen Methoden empfehlen der Deutsche Mieterbund und der Verband Wohnen im Eigentum Mietern wie Käufern, immer nach der Mess- und Berechnungsgrundlage der Flächenangabe zu fragen. Das sollte auch im Kaufvertrag stehen.

Das BGH-Urteil vom November 2015 (Az.: VIII ZR 266/14) verpflichtet nicht zum Nachmessen. Vermieter sollten jedoch Umbau oder Neuvermietung dazu nutzen, rät Inka-Marie Storm von Haus & Grund Deutschland. Das Wissen brauchen Vermieter spätestens, wenn sie den Mietzins nach oben setzen wollen. Denn laut BGH hat eine „Mieterhöhung auf Basis der tatsächlichen Fläche zu erfolgen“. Auf die im Vertrag stehende Größe und die Toleranzschwelle können Eigentümer nicht mehr bauen. Sie müssen auch die ortsübliche Vergleichsmiete beachten, die im Mietspiegel steht.

Häufig werden die Betriebskosten auf die Wohnfläche umgelegt. Hierbei zählt nach wie vor die im Mietvertrag angegebene Größe. Sollte eine Neuvermessung andere Werte ergeben, rät Storm Vermietern, die Betriebskosten anzupassen - nach oben wie nach unten. Ist die Wohnung größer als angenommen, können Vermieter keine Nachtragszahlung vom Mieter verlangen. Weder bei der Miete noch bei den Betriebskosten.

Dagegen dürfen Mieter die Miete mindern, wenn klar ist, dass ihre Wohnung kleiner ist als vertraglich vereinbart. Mietminderung ist ab einer Abweichung von mehr als zehn Prozent möglich und kann rückwirkend geltend gemacht werden. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre ab Kenntnis des Mietmangels.