Boom bei Ökostrom: Wie Kunden gute Tarife erkennen
Berlin (dpa/tmn) - Wegen der Atomkatastrophe in Japan erleben Anbieter von Ökostrom in Deutschland einen Boom. Doch was genau ist Ökostrom? Und wie können Verbraucher gute Versorger oder Tarife erkennen?
Hier ein Überblick über wichtige Fragen:
Was ist Ökostrom?
Eine Definition dafür gibt es nicht. Generell wird unter Ökostrom umweltschonend hergestellter Strom verstanden. Dazu zählt vor allem Strom aus erneuerbaren Energiequellen wie Wind- und Wasserkraft, Biomasse und Solaranlagen. Aber auch Strom aus Kraft-Wämekopplungs-Anlagen gelte als Ökostrom, obwohl dabei fossile Energieträger verfeuert würden, erklärt die Stiftung Warentest in Berlin. Der Grund: Bei diesen Anlagen werde nicht nur Strom, sondern auch Wärme produziert - und das sei effizienter als die reine Stromerzeugung.
Wie viel Ökostrom gibt es in Deutschland?
Der Großteil des Stroms in Deutschland stammt weiterhin von konventionellen Energieträgern. Nach Angaben des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) wurden 2010 fast 80 Prozent des Stroms aus Kohle, Kernenergie und Erdgas gewonnen. Davon entfielen 41 Prozent auf Kohle, 23 Prozent auf die Atomkraft und 14 Prozent auf Erdgas. Der Anteil der Erneuerbaren Energien am Strommix lag bei 17 Prozent. Den größten Anteil hatte dabei die Windkraft (6,2 Prozent) gefolgt von Biomasse (4,7 Prozent) und Wasserkraft (3,2 Prozent). Photovoltaik - also Sonnenenergie - stellte 2,0 Prozent des Stroms.
Was kommt nun aus der Steckdose?
Egal ob Öko oder nicht: Aus der Steckdose kommt überall der gleiche Strom. Physikalisch sei Ökostrom nicht von herkömmlichem Strom zu unterscheiden, erklärt die Stiftung Warentest: „Bildlich gesprochen speisen alle Stromerzeuger - der Windmüller genauso wie das Atomkraftwerk - ihren Strom in einen großen See ein, aus dem alle Stromkunden gleichermaßen beliefert werden.“ Allerdings: Je mehr Ökostrom-Kraftwerke gebaut werden, desto mehr Ökostrom werde auch in diesen See eingeleitet - und desto umweltfreundlicher werde er.
Wie erkennt man gute Ökostromangebote?
Die Stiftung Warentest empfiehlt Stromtarife, die den Bau neuer Ökostromanlagen fördern: „Solche Ökostromtarife haben einen direkten Umweltnutzen, weil durch den Bezug konventioneller Strom vom Markt verdrängt wird.“ Außerdem könnten Verbraucher ein zusätzliches Zeichen für eine Energiewende setzen, wenn sie einen Anbieter wählen, der ausschließlich auf Erneuerbare Energien setzt.
Können Siegel bei der Tarifwahl helfen?
Mehrere Label bestätigen, dass ein Anbieter Strom umweltfreundlich produzieren lässt. Darunter sind das Ok-Power Label und das Grüner Strom Label (GSL). Auch der TÜV vergibt Zertifikate. Kunden sollten hier aber genau hinsehen, raten die Warentester: „Mitunter zertifizieren diese Siegel nur Nebensächlichkeiten, etwa das Einhalten einer Preisgarantie.“ Manche anderen Anbieter ließen sich vom TÜV dagegen auch strenge Selbstverpflichtungen zertifizieren.
Aus Sicht der Stiftung Warentest weniger empfehlenswert ist das Renewable Energy Certificate System (RECS). Es ermögliche, konventionell erzeugten Strom in Ökostrom umzudeklarieren. Ein Beispiel: In Skandinavien besitzt ein Energieunternehmen Wasserkraftwerke, und für jede erzeugte Megawattstunde Strom erhält es ein RECS-Zertifikat. Ein deutscher Stromanbieter, der seinen Strom hauptsächlich in Kohlekraftwerken produziert, kann diese Zertifikate kaufen und damit einen Ökostromtarif anbieten. Physikalisch liefert er an seine Kunden aber weiterhin den Kohlestrom.