Brandgefährliche Wärmedämmung? - Experten geben Entwarnung
Berlin (dpa/tmn) - Die Berichte gingen durch die Medien: Wärmedämmungen an Fassaden sollen Hausbrände beschleunigen. Auch Experten diskutieren das - und geben teilweise Entwarnung. Wenn ein geprüftes Dämmsystem fachgerecht verbaut wird, bestehe keine Gefahr.
Fassaden mit Wärmedämmung helfen, Heizenergie zu sparen. Trotzdem sind Modernisierer und Bauherren verunsichert. Denn es gibt Berichte von Bränden, die sich durch Wärmedämmungen auf Basis des Materials Expandierter Polystyrol (EPS), umgangssprachlich Styropor genannt, beschleunigt haben sollen.
Als Hinweise für eine mögliche Gefahr durch Dämmung mit EPS gelten drei Fälle aus den Jahren 2005 in Berlin, 2011 in Delmenhorst und 2012 in Frankfurt am Main. „Doch trotz dieser drei Fälle besteht kein Grund zur Panik“, sagt Christian Stolte von der Deutschen Energie-Agentur (dena) in Berlin. Denn das ist eine geringe Anzahl, bei bundesweit jährlich rund 200 000 Hausbränden.
Dennoch müssen die drei Brände sachlich analysiert werden, sagt Hartmut Ziebs, Vizepräsident des Deutschen Feuerwehrverbands in Berlin. Der Brandschutzexperte kennt Details: „In Frankfurt handelte es um einen Baustellenbrand“, berichtet Ziebs. Baumaterial fing Feuer und griff auf die noch nicht fertig verputzte Wärmedämmung über. In Delmenhorst zündeten Brandstifter zwei Häuschen für Müllcontainer an, die direkt an der Hauswand standen.
Nur bei dem Brand in Berlin habe ein Feuer im Hausinneren auf die Fassade übergegriffen. Allerdings handelte es sich hier nicht um ein Wärmedämm-Verbundsystem (WDVS), das vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) zugelassen war, heißt es in einer Erklärung des Instituts. Ziebs sagt, das System sei auch unsachgemäß angebracht worden. „Angesichts der Sach- und Faktenlage - ein noch nicht fertiges Bauwerk, Brandstiftung und falsche Verarbeitung - lässt sich die Behauptung einer besonders hohen Gefährdung durch EPS-Dämmung zurzeit nicht aufrechterhalten“, folgert der Brandschutzexperte.
Auch die Bauminister der Länder gaben teilweise Entwarnung. Auf ihrer Konferenz in Saarbrücken im September 2012 stellten sie fest, dass solche Wärmedämmungen sicher seien, wenn sie ordnungsgemäß zertifiziert sind und entsprechend ihrer Zulassung verbaut werden. Dennoch beauftragten sie einen Ausschuss mit einer Untersuchung.
Etwa 80 Prozent der Bauherren entscheiden sich beim Neubau und bei Sanierungen für die Wärmedämmungen mit EPS, sagt Wolfgang Setzler, Geschäftsführer des Fachverbandes Wärmedämm-Verbundsysteme. Es werde dafür in Deutschland flammgeschützter Polystyrolhartschaum eingesetzt. Er kann brennen, gilt aber als schwerentflammbar.
Zusätzlich sei es gesetzlich für viele Gebäude vorgeschrieben, Fensterstürze oder Brandriegel einzubauen. Das sind Lagen aus nicht brennbaren Materialien. Werde ein Gebäude so korrekt gedämmt, bestehe keine erhöhte Feuergefahr, sagt Setzler. Dies habe 2006 ein Versuch gezeigt. Ein Haus wurde mit einer 200 Millimeter starken Wärmedämmung mit EPS fachgerecht umhüllt. 90 Minuten lang hielt die Fassade stand.
Aber die Brandsperren in regelmäßigen Abständen einzubauen, sei nur bei Gebäuden ab sieben Metern Höhe Pflicht, erläutert Stolte. Und hier liege ein mögliches Problem, worauf Eva Reinhold-Postina vom Verband Privater Bauherren (VPB) hinweist. Der Bauherr sollte sein Haus freiwillig stärker vor Bränden schützen. Die Bauexpertin rät Verbrauchern, die ein niedriges Haus schlüsselfertig bauen lassen, sich vom Bauunternehmen vertraglich zusichern zu lassen, dass er Streifen aus Mineralwolle oberhalb von Türen und Fenstern einbaut. Das rät auch Branchenvertreter Setzler. Die Zusatzkosten für ein Eigenheim dürften bei etwa 5000 Euro liegen, so Reinhold-Postina.