Einrichten mit einem Fingerstreich - Apps für den Möbelkauf
Hannover (dpa/tmn) - Für viele geht ohne das Smartphone fast nichts mehr. Auch beim Einrichten kann es helfen. Neue Apps ermöglichen es, Bilder aus dem Katalog auf eine Aufnahme des Wohnzimmers zu ziehen und zu schauen, wie der Sessel in der Ecke aussehen würde.
Die Vorstellungskraft ist wichtig beim Möbelkauf: Passt der grüne Sessel in mein Zimmer? Wie sieht die braune Küchenfront in meinen Raum aus? Ist die TV-Wand zu wuchtig für mein kleines Wohnzimmer? Immer mehr Hersteller bieten Hilfen dafür an: „Es gibt zwei verschiedene Anwendungen in dem Bereich“, erläutert Florian Blaschke, Redaktionsleiter des Branchenmagazins „t3n.de“ in Hannover. „Die einen sind schon länger bekannt. Man zeichnet Grundrisse oder 3D-Modelle am Rechner. Diese haben aber mit einem realistischem Umfeld nichts zu tun.“ Noch recht neu sind Weiterentwicklungen - mit sogenannter Augmented Reality.
Diese Funktion gibt es für Smartphones und Tablets. Mit Hilfe der Kamerafunktion werden Möbelbilder aus dem Katalog in ein Livebild des Zimmers projiziert. „Der Eindruck ist schon sehr realistisch“, sagt Blaschke. Der Verbraucher kann so sehen, ob das ausgesuchte Sofa optisch zur restlichen Einrichtung passt.
Das machen etwa die Apps von Einrichtern wie Atelier Pfister, Ikea, Butlers und Kare möglich. Und bei Panasonic kann der Verbraucher schauen, wie der Wunschfernseher an der Wand wirkt. Teils können die Möbel gedreht und gewendet und auf die richtige Größe angepasst werden. Bei Kare lässt sich die Montage sogar speichern und auf Facebook posten, Freunde dürfen dann eine Einschätzung geben. „Die App liefert bequem und anschaulich die Antwort, ob das Traumsofa ins eigene Wohnzimmer passt“, sagt Peter Schönhofen, Kare-Miteigentümer.
Diese Unterstützung brauche der Kunde, sagt Ursula Geismann vom Verband der Deutschen Möbelindustrie (VDM). „Das Defizit liegt auch beim stationären Handel, denn der bietet eine solche Hilfe nicht an.“ Viele verzichteten sogar darauf, ganze Beispiel-Wohnungen zu inszenieren - also dem Kunden im Geschäft zu zeigen, wie ein Bett in einem vollständig eingerichteten Schlafzimmer aussehen kann. „Stattdessen sind nur 70 Tische nebeneinander aufgereiht, wo man sich den schönsten aussuchen soll“, sagt Geismann.
Das war zwar schon immer so, aber die stetig wachsende Vielfalt macht es Verbrauchern immer schwerer, die richtige Auswahl zu treffen. „Selbst bei einem kleinen Zweisitzersofa gibt es teils 400 Möglichkeiten, es unterschiedlich zu gestalten“, erläutert Geismann. „Wenn der Kunde wirklich gar keine Ahnung oder kein Gefühl dafür hat und seinen eigenen Bedarf nicht kennt, ist er völlig überfordert.“
Auch in diesem Fall helfen Programme: Man kann sich das Sofa im ausgesuchten Überzug anschauen oder aus der Vielzahl an Einzelteilen einer Wohnwand die passende am Bildschirm zusammenbauen. Solche Online-Hilfestellungen hat fast jeder Hersteller im Angebot, während Apps mit Fotofunktion noch selten sind. „Und was man sagen muss: Diese Apps gibt es immer nur von einzelnen Händlern, nur auf ihre Produkte kann zugegriffen werden“, schränkt Blaschke ein.
„Ich glaube, dass solche Tools immer mehr Akzeptanz finden. Und sie werden ja auch immer besser umgesetzt“, sagt Geismann. „Am Anfang sahen die Planungshilfe ja aus wie Sudokufelder. Heute geht das mit Fotos. Und man braucht keine komplizierten Tastenkombinationen mehr zu drücken.“ Das bestätigt Technikexperte Blaschke: „Die Apps sind inzwischen sehr praktikabel.“
Skeptisch ist die Wohnberaterin Katharina Semling aus Oldenburg: „Das ist als Spiel ganz nett und für einen Laien auch ganz okay, zu sehen, wie könnte das grob bei mir zu Hause aussehen“, sagt sie. Aber sie findet: „Das sieht wirklich nicht realistisch aus.“ Außerdem können die Hilfsmittel nicht das Fühlen des Stoffs übernehmen. „Und gerade bei Sitzmöbeln muss ich doch wissen: Wie sitze ich darin?“
Auch Branchensprecherin Geismann erkennt die Grenzen der Programme: Zum Kaufen gehen die Kunden letztlich doch gerne noch in das Geschäft. „Ich weiß, dass sich die Hersteller vorstellen können, dass künftig die Sachen bis 200 Euro mehr im Internet verkauft werden“, sagt Geismann. Aber gerade bei teureren und größeren Möbeln sei das anders: „Ein Sofa für 1000 Euro kauft doch keiner per Mausklick, der will das doch anfassen, darauf sitzen.“