Frischluft aus der Maschine - Lüftungssysteme installieren
Berlin (dpa/tmn) - Ist es zu stickig im Raum, reißt man die Fenster auf. Doch bei neuen Wohnkonzepten ist das nicht mehr möglich - hier sollte die Haushülle so dicht wie möglich gehalten werden. Die Lösung sind Lüftungsanlagen.
Wo dicke Luft herrscht, hält sich niemand gerne auf. Denn sie ist auch ungesund. „In den Räumen sammeln sich Schadstoffe an, die in Reinigungsmitteln, Kosmetika, Teppichen, Möbeln oder auch Kleidungsstücken verborgen sind“, sagt Jürgen Friedrichs, Sachverständiger beim Bauherren-Schutzbund in Berlin. Das ist vielen Menschen im Alltag gar nicht bewusst. Aber man merkt es, wenn sich zum Beispiel im Urlaub längere Zeit niemand in der Wohnung aufhält. Dann riecht es dort so komisch. „Die schlechte Luft muss raus und gute, frische Luft hinein“, so Friedrichs.
Traditionell wird die Wohnung gelüftet, indem die Bewohner die Fenster mehrmals täglich möglichst weit öffnen. In Neubauten und sanierten Häusern, deren Außenhüllen praktisch luftdicht abgeschlossen sind, reicht das aber meist nicht aus, denn die feuchte Luft kann nicht von selbst durch Fensterritzen und Türspalten entweichen. „Dort muss die Raumluft alle zwei Stunden komplett ausgetauscht werden, um eine hygienische Luftqualität zu erreichen“, erklärt Peter Paul Thoma vom Bundesverband für Wohnungslüftung. „So oft können die Bewohner ihre Fenster gar nicht öffnen und schließen.“
Wichtig ist der ständige Luftaustausch auch für den Schutz des Gebäudes. Eine vierköpfige Familie verursacht pro Tag acht bis elf Liter Feuchtigkeit durch Atmen, Kochen, Duschen, Waschen. Auch Haustiere und Pflanzen tragen dazu bei. „Wenn diese Feuchtigkeit nicht entweichen kann, bildet sich Schimmel“, sagt Thoma.
Für alle Neubauten und Sanierungsobjekte, bei denen mehr als ein Drittel der Fenster ausgetauscht oder mehr als ein Drittel der Dachfläche gedämmt wurde, ist laut der DIN-Norm 1946-6 ein nutzerunabhängiges Lüftungskonzept vorgeschrieben. Für das Lüftungskonzept ermittelt ein Planer, wie viel Luft durch Infiltration in das Gebäude gelangt. Je stärker das Gebäude gedämmt ist, umso geringer ist der Wert. Danach wird berechnet, welche Lüftungstechnik erforderlich ist, um die Vorschriften einzuhalten.
Diese Maßnahmen müssen nicht immer mit großem Aufwand verbunden sein: „Es gibt zum Beispiel passive Lüftungssysteme, die einfach aus einer kleinen Öffnung an der Wand bestehen“, erklärt Friedrichs. „In dieser ist eine Klappe angebracht, die sich bei starkem Wind und Regen von außen selbst schließt. Ansonsten steht sie offen, und die frische Luft strömt durch das Loch ins Haus.“ Die Öffnungen können sehr dezent in Fensterbänken liegen, so dass sie gar nicht zu sehen sind. Das Öffnen und Schließen der Fenster per Hand fällt aber nicht unter die zugelassenen lüftungstechnischen Maßnahmen, denn das ist nicht nutzerunabhängig - wie vorgeschrieben.
Wer einen Neubau plant, sollte sich überlegen, ob er gleich eine zentrale Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung einbauen lässt. „Das ist eine intelligente, energiesparende Lösung“, findet Barbara Kaiser vom Bundesindustrieverband Haus-, Energie- und Umwelttechnik (BDH). Erzeugte Heizungswärme wird nicht ins Freie hinausgelassen, sondern im Haus gehalten. Das funktioniert so: In einem Wärmeübertrager kreuzen sich die kalten Frischluftströme von außen und die warme, verbrauchte Heizungsluft von innen, durchmischen sich aber nicht. Die Wärmeenergie der Innenluft wird durch eine Membran an die kühlere Außenluft abgegeben, so dass diese sich erwärmt. „Mit dieser Technik lassen sich 30 bis 50 Prozent Heizenergie sparen“, erklärt Kaiser.
Klug ist es, die Lüftungsanlage schon in der Entwurfsphase des Neubaus zu planen. Die Montagekosten halten sich in Grenzen, wenn die Lüftungsrohre gleich im Rohbau in den Estrich oder Beton eingelassen werden. Schwieriger umzusetzen, aber doch machbar ist eine zentrale Lüftungsanlage in einem Altbau. „Dort ist die Luftzu- und abfuhr an einer geeigneten Stelle in der Fassade zu platzieren“, erläutert die Energieexpertin. „Die Luftkanäle lassen sich diskret unter einer abgehängten Decke verstecken.“
Für sanierte und modernisierte Wohnungen bieten sich neben zentralen auch dezentrale Lüftungssysteme an, die raumweise in einzelnen Zimmern über Kernbohrungen in der Fassade, etwa ober- oder unterhalb der Fenster, installiert werden.