Tradition und Moderne in einem Harmonisch im Dorfbild: Neubau in regionaler Tradition

Marktredwitz (dpa/tmn) - Zwischen den idyllischen Bauernhäusern des Dorfes glänzt ein hochmoderner Glaskasten. Oder zwischen schmalen Häusern der Altstadt ragt ein dreistöckiger Komplex hervor. Solche Neubauten passt einfach nicht ins Bild - so empfindet es Buchautor Johannes Kottjé.

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Kottjé plädiert im dpa-Interview dafür, nicht bei jedem Neubau zu versuchen, das Rad neu erfinden zu wollen.

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Sie haben für Ihr Buch Beispiele von Privathäusern gesammelt, die alte Bauweisen mit neuen Verbindungen. Sie plädieren aber nicht dafür, das das traditionelle Bauernhaus eins zu eins aufleben zu lassen?

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Johannes Kottjé: Das alte Bauernhaus oder das alte Fachwerkhaus gibt es ja so nicht. Als Laie hat man heute in einer historischen Stadt zwar oft den Eindruck, das ist alles am Stück entstanden, aber dem ist ja nicht so. Wenn ich genauer hinschaue, finde ich Häuser aus mehreren Jahrhunderten. Sie harmonieren gut, denn man hat früher nicht gemeint, man müsse mit jedem neuen Haus ein markantes Zeichen setzen. Sondern man hat sich ganz selbstverständlich an dem orientiert, was in der Region über Generationen hinweg üblich war.

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Aber es gab doch über die Zeit auch Entwicklungen?

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Kottjé: Man hat immer wieder Neuerungen einfließen lassen. Aber es war gang und gäbe, dass man in Städten nichts gebaut hat, was den vorhandenen Maßstab gesprengt hätte. Auch bei den Bauformen und Proportionen hat man sich an der gebauten Umgebung orientiert und beispielsweise ähnliche Dachneigungen, Giebelformen oder Fenstereinteilungen aufgenommen.

Welche traditionellen Bauformen bieten sich gut zur Verbindung mit modernen Gestaltungselementen an?

Kottjé: In vielen Regionen sind wie auch immer geartete Holzfassaden sehr typisch. Es gibt Gegenden, da sind sehr filigrane Holzfassaden typisch, dann gibt es welche mit eher grobschlächtigen. Aber das wichtigste Element sind für mich in der Tat die Proportionen und die Maßstäblichkeit. Also, dass sich das neue Gebäude gut einfügt. Wenn ich das perfekt hinbekomme, dann ist alles andere relativ zweitrangig. Sie werden in meinem Buch Beispiele finden von Häusern, die in ein historisches Stadtbild eingefügt wurden, so passend und harmonisch, dass Leuten, die vorbeigehen, gar nicht auffällt, dass es sich um ein hochmodernes Haus handelt.

Welche Vorzüge bringt dem Bauherrn das Einbeziehen traditioneller Bauformen? Ist es nur die Harmonie des Stadtbildes?

Kottjé: Der große Vorzug ist das sicherlich. Aber oft haben solche Häuser innen auch eine Vielfalt, die heute nicht mehr üblich ist. Man hat heute oft gleiche Fensterformate oder durchgängige Glasfassaden - und das sorgt für ein einheitliches Ambiente in den Räumen. Das war früher nicht so. Da hatte man einen großzügigen Raum, aber auch Rückzugsmöglichkeiten - also Räume mit großen Öffnungen, aber auch Räume mit kleinen Fenstern. Oft entsprechen solche Häuser somit auch den ganz natürlichen Bedürfnissen des Menschen nach einerseits Schutz und andererseits nach Freiheit und Offenheit.

Gibt es Experten für das Umsetzen traditioneller Bauformen?

Kottjé: Es ist nicht jeder Architekt dafür geeignet. Es gibt ja sehr viele, die sich geradezu darüber definieren, dass sie bewusst modern bauen und sich bewusst von regionalen Traditionen absetzen. Meine Recherchen für das Buch haben aber auch gezeigt, es gibt andererseits zunehmend wieder Architekten mit regionalem traditionellem Fokus. Vielleicht ist es nur ein Nischentrend, doch das Thema ist deutlich beliebter als vor fünf oder zehn Jahre.

Literatur:

Johannes Kottjé: Moderne Häuser in regionaler Tradition - Bewährte Bauformen neu interpretiert, DVA, 2016, Euro 49,99, ISBN-13: 978-3-421-03953-8