Lichtdurchfluteter Raum sucht Zweck - Den Erker einrichten

Bestwig-Berlar (dpa/tmn) - Von wegen totes Eck: Mauerausbuchtungen oder Erkerzimmer sind wunderbare Möglichkeiten, um einem Wohnraum mehr Größe und Format zu geben. In die verwinkelten Plätze können ganze Wohnbereiche ausgelagert werden.

Lange gab es kaum ein Einfamilienhaus ohne Erker oder eine Auslucht. Und auch die moderne Architektur sucht geradezu diese kleinen Nischen: In den Zimmervorbau werden gerne ganze Lebensbereiche ausgelagert. Hier kann eine Essecke mit großem Tisch oder die Büchersammlung Platz finden. Aber auch für die kleinsten Erker gibt es Ideen, um den Wohnraum geschickt zu erweitern.

Weitläufig versteht man unter solchen Räumen Vorsprünge an der Gebäudehülle. Geht dieser geschlossene und überdachte Vorbau schon im Erdgeschoss ab, nennt man das im Fachjargon Auslucht, ein Erker geht erst an Obergeschossen ab. Das einprägsamste Einrichtungsbeispiel für so eine Raumnische, das Heinz Pütz, Vizepräsident des Bundesinnungsverband für das Tischler-/Schreinerhandwerk, beschreiben kann, ist eine hübsche Leseecke in einem Erker.

Der angebaute Raum hat an schmalen Wänden zwischen den Fenstern Regale vom Boden bis zur Decke. In der Mitte steht ein alter Ohrensessel und ein Schreibtisch. „Die Regale sind weiß, was den Raum nicht zu dunkel wirken lässt.“ Von einem Ateliercharakter erzählt der Tischlermeister aus dem nordrhein-westfälischen Bestwig-Berlar, denn die vielen Fenster fluten den winzigen Raum mit Licht.

Doch genau die Fenster sind auch die Tücken an vielen Ausbuchtungen: Die Standardhöhe der Brüstungen von etwa 90 Zentimeter lässt gerade in wabenartigen Konstruktionen nur wenige Möglichkeiten für Möbel, selbst für Maßarbeiten. Ein weiteres Problem sind Heizkörper an der eh schon geringen Wandfläche. Diese könnten aber entfernt und durch eine Fußbodenheizung ersetzt werden, rät Pütz.

Grundsätzlich braucht jeder Erker eine individuelle Lösung - und das ist fast immer nur mit Einbaumöbeln zu bewerkstelligen. Aus besonders kleinen Erkern lässt sich beispielsweise eine Bibliothek machen - und das sei auch der Klassiker im Erker, sagt Rainer Söntgerath, Landesinnungsmeister des Fachverbandes des Tischlerhandwerks Nordrhein-Westfalen aus Köln.

Pütz nennt als Mindestmaße für eine Bibliothek etwa drei auf zwei Meter. Hier würden ein Lesesessel und genug Regale mit einer Tiefe von 30 Zentimeter, die damit auch größere Bildbände oder Ordner fassen können, Platz finden.

Die möglichen Tiefenmaße der Einbaumöbel sind es grundsätzlich auch, die über die weiteren Einrichtungsmöglichkeiten entscheiden, wie Pütz erläutert. Für mehr Stauraum oder gar einen Kleiderschrank müsse eine Schranktiefe von 60 Zentimeter möglich sein, Regale mit Schubladen oder für Kisten sollten 45 Zentimeter tief sein.

Mit wenig Platz würde der Architekt und Architekturpublizist Johannes Kottjé aus dem bayerischen Marktredwitz auch ein Esszimmer unterbringen. „Eine schöne Lösung für kleinere Erker sind umlaufende, fest eingebaute Sitzbänke unterhalb der Fenster“, sagt er. „Am besten mit integrierten Regalen unterhalb der Sitzfläche und einem herausklappbaren Tisch, so entsteht eine gemütliche Lese- oder Spielecke.“ Will man keinen Klapptisch, muss mehr Raum vorhanden sein - Pütz spricht von einer Raumtiefe von mindestens vier Metern.

Grundsätzlich einfacher lassen sich ganze Wohnbereiche einrichten, wenn die Grenze zu dem Bereich im eigentlichen Zimmer fließend gestaltet wird - also etwa der Esstisch hineinragt. Gerade bei einem langen oder großen und runden Esstisch sei das auch die beste Lösung aus innenarchitektonischer Sicht, sagt Söntgerath. „Einen langen Tisch immer längs stellen, nie quer im Erker“, rät er. Doch auch bei fließenden Übergängen rät Johannes Kottjé: „Die gewünschte Funktion sollte zumindest zu einem Drittel darin Platz finden, sonst kommt das für Erker eigentlich typische Ambiente nicht auf. Fenster sollte es auch aus diesem Grund zu mindestens zwei Seiten geben.“

Literatur:

Johannes Kottjé: Einbaumöbel Multifunktionsmöbel: Intelligente Lösungen im Detail. DVA, 144 S., 59,99 Euro, 978-3-421038005.