Möbel „to go“: Wie die mobile Generation lebt

Köln (dpa/tmn) - Faltbar, stapelbar, tragbar: Solche Möbel sind für eine mobile Gesellschaft ideal. Denn die Einrichtung sollte beim Umzug praktisch sein. Und die Möbel müssen immer griffbereit sein, wenn man sie braucht.

Am besten ohne mühsames Aufbauen.

Heute gibt es alles „to go“: Man kann den Cappuccino mitnehmen, den Hamburger gibt es auf die Hand und statt dem eigenen Auto hat man eine „Car-to-go-Flatrate“. Eine Gesellschaft „to go“ ist immer auf dem Sprung - heute hier, morgen da. Das spiegelt sich auch im Zuhause wieder. Die Einrichtung muss nicht nur viele Umzüge mitmachen, sondern gerade in Großstädten muss alles auf einer kleinen Wohnfläche unterkommen. Viele flexible Möbel „to go“ gab es auf der Internationalen Möbelmesse IMM Cologne in Köln im Januar zu sehen.

„Weil die Wohnung flexibler werden muss und weil sich die Funktionsbereiche auflösen, braucht man Möbel, die man mitnehmen kann, wo sie gerade gebraucht werden“, sagt Ursula Geismann, Trendanalystin des Verbandes der Deutschen Möbelindustrie. Das kann eine Küche sein, die minutenschnell auf- und wieder abgebaut wird, Regale, die wie ein Kartenhaus in die Höhe gestapelt werden, und ein Stuhl, den man wie eine Umzugskiste zusammenlegt.

Oder das Möbelstück gleicht einem Koffer: Kare etwa hat einen Kleiderschrank für Männer im Koffer, ein anderer dient als Stauraum für alles Mögliche. Die riesigen, antik wirkenden Reisetruhen passen gut in kleine Wohnungen, wo das Möbelstück bewegt werden kann, wenn es im Weg ist, sagt Kare-Sprecherin Susanne Knacke. Darüber hinaus spreche ein Koffer die mobile Gesellschaft auch psychologisch an: „Die Menschen haben ein Bedürfnis, auf Reisen zu gehen.“

Auch Ligne Roset hat einen Schrank in die kofferartige Kommode der Serie „Dino“ gepackt. Die Bar, für die nicht jeder Platz im Wohnzimmer oder einem Partykeller haben kann, findet bei vm möbel-design in dem Koffer „Samira“ Platz, mit ausklappbarem Tresen.

Mobil und jederzeit veränderbar, das waren Regale immer schon. Besonders gefragt scheinen nun jedoch Lösungen zu sein, die das schnell und einfach bieten. Lukas Hechinger, Geschäftsführer von Steckwerk, kann seine Idee mit ein paar Bierdeckeln vormachen: Um diese nicht mit zitternden Fingerspitzen zu einem Haus stapeln zu müssen, schlitzt er die Plättchen an der Seite ein, wodurch sie stabil zusammengesteckt werden. Im Originalformat braucht das Regal aus MDF-Holzelementen mit der zum Patent angemeldeten Steckverbindung keine einzige Schraube.

Ein anderer Denker hatte vorerst nur einen Prototyp für mobiles Wohnen dabei: Designer Kilian Schindlers puristische „Concept Kitchen“ für Naber kann in Minutenschnelle einfach zusammengesteckt werden. Somit sind die Module jederzeit einer veränderten Lebenssituation und einer neuen Wohnung anpassbar. Produktionsbeginn soll 2013 sein, aber bereits jetzt wurde der Prototyp mit dem Interior Innovation Award der Kölnmesse ausgezeichnet.

„Hinter der Idee steckt auch, dass die Halbwertzeit von Möbeln immer kürzer wird“, erläutert Schindler. Die Branche böte ständig unzählige neue Produkte an, und die Menschen wollen als Folge schneller ihre Möbel austauschen. Seine Küche müsse man auch gar nicht als Ganzes kaufen, sagt der Designer. Man könne auch Einzelteile mit der Einbauküche kombinieren.

Das beweglichste Teil in einer Wohnung war und ist aber der Hocker. Modern spricht die Branche nun vom „Pouf“ und meint damit einen Hocker ohne Füße, der bei der IMM quasi zu jeder Couchgarnitur gehörte. „Man nimmt den Pouf dahin mit, wo man ihn gerade braucht. Wenn man Besuch bekommt, stellt man ihn mit in die Küche, damit der Besuch dort sitzen kann. Man kann ihn in den Flur stellen, damit man sich die Schuhe anziehen kann, und man kann ihn ins Wohnzimmer stellen, um mit dem Laptop was zu machen“, erklärt Geismann seinen Zweck: Eine Sitzgelegenheit zu bieten, wo immer jemand sitzen muss.

Und wenn niemand zum Sitzen da ist? Dann steht der Hocker im Weg, sagt Joost Gremen, Vertriebsmanager von Flux. Die Designer des niederländischen Unternehmens haben daher ein Sitzmöbel kreiert, dass so wenig Platz wie möglich wegnimmt: Einen Stuhl zum Zusammenfalten. Das Model aus recycelbarem Polypropylen (PP) wird dabei so flach, dass man es unter dem Arm tragen oder an einen Haken an der Wand hängen kann. Um auch Design-Ästheten anzusprechen, sieht man dem Stuhl in voller Größe und Form seine Faltbarkeit nicht direkt an.

Möbel zum Falten, Möbel zum Rollen, Möbel zum Gehen? „Das sind gute Ideen. Das ist doch die Welt, in der wir bereits leben: Es gibt kaum noch Platz in den Wohnungen, weil die Menschen ihn oft auch nicht brauchen“, sinniert Gremen. Und er sagt, was viele „to go“-Menschen wohl denken: „Wenn ich was brauche, muss es greifbar sein. Da muss es schnell gehen - und schon steht ein Stuhl, ein Hocker oder ein Schrank im Koffer da.“