Solarenergie - ein Kostentreiber?
Berlin (dpa) - Der Bau neuer Solaranlagen soll begrenzt werden, um den Geldbeutel der Verbraucher zu schonen. Klar ist: Die Energiewende kostet. Was ist dran an den Attacken gegen die Ökoenergie? Ein Faktencheck.
Treibt die Ökoenergie-Förderung den Strompreis?
Die Kilowattstunde kostet für den Endkunden etwa 25 bis 26 Cent, die darin enthaltene Umlage zur Förderung von Energie aus Sonne, Wind und Biomasse macht 3,59 Cent aus. Sie war 2011 stark von 2,05 auf 3,53 Cent gestiegen. 2012 verharrt die Umlage aber trotz Befreiungen für stromintensive Betriebe und eines ungeahnten Solarbooms quasi auf Vorjahresniveau - hier sind also keine Preisexplosionen zu begründen. Und: Der Strompreis steigt seit Jahren weit stärker als die Umlage, nun um etwa vier Prozent. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sagt, dass die Öko-Förderung als Sündenbock herhalten muss - ohne Ausnahmen für die Industrie hätte die Umlage sogar auf drei Cent sinken müssen.
Welche Faktoren sind für die aktuellen Erhöhungen verantwortlich?
2012 gibt es höhere Netzentgelte, die auch über den Strompreis bezahlt werden - einerseits kostet der Netzausbau, anderseits gibt es auch hier neue Befreiungen für einige Industriebereiche. Dadurch müssen andere Stromverbraucher mehr schultern. Der Ökostromanbieter Lichtblick erhöht daher zum 1. März 2012 den Strompreis um etwa zwei Prozent - pro Monat macht das für einen Durchschnittshaushalt etwa 1,40 Euro aus. Grund sei, dass sich die Netzgebühren, die rund ein Viertel des Strompreises ausmachen, um knapp 9 Prozent erhöht haben.
Entbehren die Kassandrarufe bei der Förderung erneuerbarer Energien dann jeder Grundlage?
Nein. Besonders schwierig ist die Wende für die Industrie, die rund 50 Prozent des Stroms verbraucht. Hinzu kommt, dass die für das Umlagekonto zuständigen Übertragungsnetzbetreiber für 2013 eine Umlage bis 4,74 Cent erwarten, auch wegen der Solarförderkosten, die bereits rund 56 Prozent der Umlage ausmachen. Eine solche Umlage würde für einen Durchschschnittshaushalt dann 165 statt 125 Euro an Förderkosten pro Jahr nur bei der Stromrechnung ausmachen - nicht eingerechnet sind höhere Preise etwa für Lebensmittel, weil die Energiepreise steigen. Laut Umfragen sind die Bürger aber bisher bereit, für Atomausstieg und Energiewende mehr zu bezahlen.
Acht Milliarden Euro jährlich fließen allein in die Förderung von Sonnenstrom, würde eine drastische Kappung hier nicht zu einem deutlichen Sinken des Strompreises führen?
Eher nicht. Denn die Vergütungen werden auf 20 Jahre garantiert. Alles was bisher aufgelaufen ist, muss also auch noch bezahlt werden. Die Verbraucher zahlen per Umlage die Differenz zwischen dem Preis, den der Strom am Markt erzielt und dem Vergütungssatz. 2004 gab es für die Kilowattstunde Sonnenstrom vom Hausdach noch 57 Cent, derzeit sind es rund 24 Cent. Da die Differenz zum Marktpreis also stark gefallen ist, sinken auch die neu anfallenden Vergütungszahlungen. Dennoch wird nur der Zubau 2011 mit weiteren mehr als 15 Milliarden Euro über 20 Jahre gerechnet zu Buche schlagen. Und das Netz kann bisher so viel Sonnenstrom ohnehin kaum verkraften.
Bringt gerade der teure Sonnenstrom überhaupt etwas?
Das ist eine sehr umstrittene Frage. Im Sommer senkt Solarstrom den Börsenstrompreis, aber im Winter sieht es eher mau aus. In Deutschland sind bereits mehr als eine Million Solaranlagen mit rund 25 000 Megawatt installiert. Das entspricht theoretisch 18 großen Atommeilern - aber fast nie wird eine entsprechende Menge Strom erzeugt werden können, die Atommeiler dauerhaft liefern. Es muss also ein Vielfaches an Leistung installiert und von den Verbrauchern gefördert werden, um auch nur annähernd den gleichen Stromertrag zu bekommen. Ohne Stromspeicher, die gerade im Sommer überschüssigen Sonnenstrom speichern und in sonnenärmeren Zeiten abgeben, ist dieser Weg in einem sonnenarmen Land wie Deutschland sehr teuer.