Sonnenschein für das Haus: Jetzt wird die Einrichtung gelb
Wiesbaden (dpa/tmn) - Gelb hatte jahrhundertelang ein Image-Problem. Schon im Mittelalter wurde der Farbe eine überwiegend negative Bedeutung zugeschrieben, und es war davon die Rede, dass „jemand vor Neid gelb wird“.
Gelb galt als die Farbe der Bosheit und des Todes, in der Natur steht sie für Gefahr. Mit der „yellow press“ ist die Sensationspresse gemeint, die es mit der Wahrheit nicht immer sehr genau nimmt, mit „giallo“ wird im Italienischen Krimiliteratur oder ein Thriller-Subgenre bezeichnet.
Andererseits sagen wir, wenn wir etwas besonders gelungen finden, dass es das Gelbe vom Ei sei. Und Gelb ist eine fröhliche Farbe mit Signalwirkung. Einrichter und Designer haben sie nun für Möbel und Wohnaccessoires entdeckt. „Gelb ist das neue Pink“, sagt die Trendforscherin Li Edelkoort. Sie spricht Gelb als Modefarbe sogar eine wichtige Bedeutung in den nächsten Jahren zu - und es löst damit Pink als den letzten großen Hype ab.
Die Rosa-Nuance drücke die Angst vor dem Erwachsenwerden, vor Verantwortung aus, erklärt Edelkoort. Rosa sei deshalb in den vergangenen Jahren so populär gewesen, wo Menschen sich mehr Geborgenheit wünschten und sich auf alte Wurzeln und Traditionen zurück besannen. Zwar folgt Gelb nun auf diesen allzu niedlichen Ton, drückt aber inhaltlich ähnliche Sehnsüchte aus: „Gelb symbolisiert die Sonne, ist eine Energiequelle und steht für Optimismus. Und das ist genau das, wonach unsere Gesellschaft derzeit sucht.“
Auch die Designerin Sarah Böttger aus Wiesbaden begründet die Farbwahl für ihre Entwürfe damit: „Gelb steht für Licht und Energie und ist vielseitig einsetzbar. Ich schätze diese Farbe besonders als Ergänzung zu neutralen Farbtönen und natürlichen Materialien.“ Böttger setzt auf die Gelb-Kombination für ihre Wendeteppiche aus Wollloden namens Dune Carpet, die in einer Kooperation mit Hanna Emelie Ernsting entstanden sind. „Für den Lodenteppich haben wir ein gebrochenes Gelb in Kombination mit Weiß und einem warmen Grau verwendet, das zwischen hell und gesättigt changiert“, beschreibt Böttger. „Dieses Gelb ist jahreszeitenunabhängig, spendet aber immer die nötige optische Wärme, die der Teppich mit sich bringen soll.“
Gerade auf der Mailänder Möbelmesse war der Farbton in unterschiedlichen Nuancen an vielen verschiedenen Ständen zu sehen. So hat dort etwa die niederländische Designerin Hella Jongerius, die als Art Director die Farb- und Materialwelt von Vitra verantwortet, nicht nur ihren eigenen Entwurf, das überarbeitete Sofa Polder, sondern auch den klassischen Aluminium Chair von Charles und Ray Eames sowie weitere Produkte des Unternehmens in Gelb getaucht.
Auch bei Knoll International war eine echte Ikone plötzlich in Gelb zu sehen: Um den 100. Geburtstag des Designers Harry Bertoia zu feiern, wurde sein Side Chair in einer Version mit einer Struktur aus verchromtem Rundstahl und einer Sitzfläche aus - unter anderem - gelben Polypropylen aufgelegt.
Auch bei Arper geht es bunt zu: Das modulare Sitzmöbelsystem Steeve des französischen Designers Jean-Marie Massaud aus Sofas, Sesseln und Bänken in Gelb eignet sich für die eigenen vier Wände wie auch für das Büro. Und weithin sichtbar in Gelb leuchtet der Pouf namens Pix von Ichiro Iwasaki für drinnen oder draußen. Ein echter optischer Knaller ist eine Küche mit gelben Fronten, die die spanische Cosentino Group im Programm hat.
So viel des grellen Farbtons im Handel ist ungewöhnlich - aber erträglich. „Ich habe mich mit der Zeit immer mehr mit Gelb angefreundet, denn gerade beim Wohnen kann die Farbe fröhliche Akzente setzen“, sagt Volker Streckel, Manager des Kölner Einrichters Design Post. Er findet einige Entwürfe sogar viel spannender als die gleichen Modelle in Grau, Schwarz oder Weiß.