EuGH-Urteil Täuschen Staubsauger-Etiketten den Verbraucher?

Luxemburg (dpa) - Energiesparen ist vielen Verbrauchern beim Kauf von Elektrogeräten wie Staubsaugern, Kühlschränken, Waschmaschinen & Co. wichtig. EU-Label sollen dabei Orientierung bieten. Aber wie gut helfen sie, Strom und Geld zu sparen?

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Das beschäftigte sogar den Europäischen Gerichtshof.

Worum ging es in dem Fall?

Hintergrund war eine Klage des britischen Unternehmens Dyson, das beutellose Staubsauger herstellt. Dyson hatte der Münchner BSH Hausgeräte - dem Hersteller von Bosch- und Siemens-Staubsaugern - vorgeworfen, beim Siemens-Staubsauger „VSQ8POWER4“ und jedem anderen Modell mit denselben technischen Merkmalen mangelhafte Angaben zum Stromverbrauch zu machen. Das britische Unternehmen verweist dabei auf Untersuchungen, nach denen der Stromverbrauch mancher Staubsauger steigt, je voller der Beutel wird. Das Energielabel verdeutlicht diese Tatsache Dyson zufolge nicht, weil nicht angegeben wird, dass der Stromverbrauch im Labor ermittelt wird - beim Saugen mit leerem Staubbehälter. Verbraucher würden so in die Irre geführt, lautet der Vorwurf.

Was hat der Gerichtshof entschieden?

Die Luxemburger Richter urteilten, dass die europäische Rechtslage es nicht vorsieht, dass auf dem Energieetikett Informationen über die Bedingungen, unter denen der Stromverbrauch gemessen wurde, hinzugefügt werden. Es könne daher der EU-Verordnung zufolge auch nicht irreführend für die Verbraucher sein, dass die Testbedingungen nicht auf dem Energielabel präzisiert werden. Die Verordnung lege Gestaltung und Inhalt des Etiketts genau fest, um den Verbrauchern eine bessere Vergleichbarkeit der Geräte zu bieten.

Was bedeutet das Urteil für die Verbraucher?

Sie wissen weiterhin nicht, ob der Stromverbrauch ihres Geräts bei vollem Beutel steigt. Verbraucherschützer bezeichnen das EU-Label deswegen als praxisfern. Aus Sicht des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) wäre es nötig, den Stromverbrauch bei halbvollem Beutel zu messen, da er meist nicht leer sei. Der EuGH entschied am Mittwoch aber nicht über die Zweckmäßigkeit der Energie-Kennzeichnung von Staubsaugern an sich. Zu dieser Frage läuft ein weiteres Verfahren am EU-Gericht zwischen Dyson und der Europäischen Kommission.

Welche Erkenntnisse gibt es zum möglicherweise steigenden Stromverbrauch bei vollem Beutel?

Eine Sprecherin von Hausgeräte+ gibt folgende Auskunft: „Der Stromverbrauch erhöht sich sicherlich mit vollen Beuteln, wie groß der Unterschied ist, lässt sich jedoch nicht pauschal sagen, da das von vielen Faktoren abhängt, zum Beispiel, was und wie viel aufgesaugt wurde.“ Jörg Siebolds von der Stiftung Warentest sagt: „Wir können in den meisten Fällen keinen signifikanten Unterschied sehen.“ Das betroffene Modell sei von Stiftung Warentest nicht untersucht worden. 2015 bewertete die Stiftung einen anderen „VSQ8“-Staubsauger von Siemens, den „VSQ8SEN72C“. Im Testbericht steht, dass der Staubsauger im Vergleich die beste Saugleistung habe - aber auch „etwas mehr Strom“ brauche, „da er bei vollem Staubbeutel die Leistung hochdreht“.

Gibt es das Problem praxisferner Tests auch bei anderen Geräten?

Ja, meint Thomas Engelke vom vzbv. Bei Waschmaschinen und Spülmaschinen etwa werde der Stromverbrauch im Energiesparprogramm gemessen. Die meisten Leute benutzen dieses Programm laut Engelke aber nicht - weil es deutlich länger braucht als die konventionellen Programme. „Wichtig wäre, dass die Programme für die Kennzeichnung herangezogen werden, die auch am häufigsten gebraucht werden.“

Welche Effizienzklassen gibt es bei Elektrogeräten und was sagen sie aus?

Bei Haushaltsgeräten erfolgt die Einteilung meist in sieben Effizienzklassen von A+++ (niedriger Energieverbrauch) bis D (hoher Energieverbrauch). Der Unterschied zwischen den Effizienzklassen beträgt nach Angaben der Initiative Hausgeräte+ etwa sechs Kilowattstunden.

Haben die Effizienzklassen eine Zukunft?

Die EU will an ihnen festhalten, sie aber an die technische Entwicklung anpassen. Dafür soll die Kennzeichnung bis hin zu A+++ abgeschafft und durch eine neue, übersichtliche Skala von A bis G ersetzt werden. Die neuen Labels werden frühestens Ende 2019 im Handel auftauchen. Das EU-Parlament billigte die Neuregelung 2017.