Tödlicher Leichtsinn: Profis müssen Asbest entfernen
Dortmund (dpa/tmn) - Asbest ist ein Naturmaterial. Es riecht nicht, es strahlt nicht, es diffundiert nicht. Kein Problem also für den Menschen. Doch zu kleinsten Bestandteilen verarbeitet, stellt Asbest eine große Gesundheitsgefahr dar.
Werden die Fasern eingeatmet, können sie sich in der Lunge festsetzen. Spätfolgen aus dem ungeschützten Umgang mit Asbest sind häufig Krebserkrankungen. „In Deutschland ist die Verwendung neuer Asbestprodukte deshalb seit 1990 verboten“, erklärt Rolf Packroff von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. „Aber Asbest ist wegen seiner Langlebigkeit noch immer allgegenwärtig.“
Das Material wurde früher in mehr als 3000 Produkten eingesetzt, vor allem in der Bauwirtschaft. Etwa 70 Prozent des Asbests gelangten als Asbestzement in die Häuser. „In Häusern, die zwischen 1960 und 1990 gebaut wurden, ist mit fast hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit Asbest zu finden“, sagt Torsten Mußdorf vom Norddeutschen Asbestsanierungsverband. In den meisten Fällen befindet er sich in Platten aus Asbestzement, die in Dächern, Fassaden oder Luftschächten verbaut wurden.
„Dabei handelt es sich um festgebundenen Asbest. Der kann ruhig im Haus bleiben, es gibt keine Verpflichtung, ihn zu entfernen“, erklärt der Fachmann. „Auch gesundheitlich sind solche Asbestprodukte für Bewohner älterer Gebäude in der Regel kein Risiko“, betont Packroff. Voraussetzung ist allerdings, dass sie in Ruhe gelassen werden. „Gefährlich wird es, wenn Asbestprodukte nicht erkannt und ohne ausreichende Schutzmaßnahmen bearbeitet werden.“
Neben dem festgebundenen Asbest kann sich auch schwach gebundener Werkstoff im Haus finden. „Der ist gefährlicher als der festgebundene, weil er dazu neigt, Fasern abzugeben“, erklärt Mußdorf. In Fensterkitt, Rohrummantelungen oder Fußbodenklebern ist er oft enthalten. Ein Laie kann ihn dort kaum ausmachen. „Frühere Untersuchungen konzentrierten sich auf Spachtelmassen von Leichtbauwänden und spezielle Putze, zum Beispiel Sockelputze“, sagt Jörg Wohlgemuth, Sachverständiger für Schadstoffe in Innenräumen der IHK Offenbach am Main. „Analysen belegen aber, dass asbesthaltige Putze in weitaus mehr Fällen Verwendung fanden.“ Betroffen sind insbesondere Putze, von denen erhöhte Reißfestigkeit gefordert wird, etwa in Heizungsnischen und an Türanschlüssen.
Um sich und sein Umgebung nicht in Gefahr zu bringen, sollte der Bauherr immer erst einen Fachmann fragen, bevor er in einem älteren Gebäude Hand anlegt. Dabei muss es sich nicht einmal um eine komplette Sanierung handeln, schon der Einbau einer Heizung sollte Anlass für eine Asbestprüfung sein. Finden sich Anhaltspunkte für eine Asbestbelastung, wird der Experte Proben nehmen und diese auswerten lassen. „Am Ende hat der Bauherr die Gewissheit, wo sich Asbest und andere Gefahrenstoffe im Haus befinden und kann das bei der Planung der Arbeiten berücksichtigen.“
Das schützt den Hausbesitzer auch vor Schadenersatzforderungen. „Der Bauherr ist verantwortlich für sein Haus“, stellt Wohlgemuth klar. „Er muss die beauftragten Firmen informieren, dass Asbest verbaut wurde und möglichst auch, wo.“
Packroff betont auch: „Grundsätzlich müssen Asbestprodukte von Fachfirmen entfernt werden, für Heimwerker ist das verboten“. Denn für diese Arbeiten gelten strenge Schutzmaßnahmen entsprechend der Gefahrstoffverordnung und der Technischen Regel TRGS 519. „Nur Firmen, die über staatlich geprüfte sachkundige Mitarbeiter verfügen, dürfen solche Asbestarbeiten ausführen.“ Ebenfalls in den meisten Fällen für Privatleute verboten ist das Entfernen von Asbestzement. „Es ist tödlicher Leichtsinn, wenn Bauherren, um Geld zu sparen, selbst Bauteile aus ihrem Haus ausbauen“, sagt Mußdorf. Denn ist Asbest enthalten, werden beim Sägen, Bohren, Schleifen, aber auch beim einfachen Zerschlagen von Teilen viele Fasern freigesetzt.