Vernetzte Wohnwelt: Smartphone schnappt Einbrecher

Berlin (dpa/tmn) - Das Haus der Zukunft ist vernetzt. Raumklima, Lüftung, Heizung, Überwachung, elektrische Geräte und Licht sind miteinander verbunden. Die Zukunft hat aber längst begonnen, erste technische Systeme rüsten nun auch Altbauten auf.

Ein Australier entdeckt weit entfernt im Mauritiusurlaub einen Einbrecher in seinem Haus - über die Videofunktion seines Smartphones. Er ruft die Polizei im 15 Flugstunden entfernten Sydney, und die schnappt den Eindringling. Was sich wie eine Szene in einem Hollywood-Streifen anhört, hat genau so im November 2011 international Schlagzeilen gemacht.

Die Vernetzung und die Steuerung von Heizung, Licht, Lüftung und Überwachung in den eigenen vier Wänden ist technisch längst machbar. Die Industrie kommt mit immer mehr Produkten auf den Markt. Die Steuerung läuft dabei über eine kleine zentrale Einheit im Haus. Ist eine Internetverbindung integriert, kann das auch mit Hilfe eines Smartphones oder Tablet-PCs von unterwegs funktionieren.

„Bis vor zwei Jahren war das nur ein Thema für Neubauten - und dort auch nur für den Luxusbereich. Das waren vielleicht 500 Häuser im Jahr“, berichtet Günther Ohland von der Smart Home Initiative Deutschland in Berlin. Doch aus diesem Nischenmarkt ist schon mehr geworden: „Seit einem Jahr gibt es die Technik, auch Wohnungen nachzurüsten. Und auch für Mieter ist das relativ einfach.“

Und es ist nötig: Klaus Jung vom Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie in Frankfurt am Main erklärt das so: „Wir haben 18 Millionen Wohnungen in Deutschland, aber nur 150 000 Neubauten. Durchsetzen kann sich das nur, wenn wir auch in den Nachrüstmarkt gehen.“

Im Grunde ist die Technik keine Neuerung. „Die Technik ist schon lange so weit. Eine elektrische Steuerung für die Rollladen ist ja auch nichts Neues“, sagt Jung. „Jetzt aber können wir ganz bequem Heizung, Fenster und Lichteinfall miteinander verknüpfen, durch eine zentrale Steuereinheit regeln und haben so einen positiven Ertrag beim Energiesparen.“ Er nennt ein Beispiel: „Die Heizung reguliert sich von alleine runter, wenn der Lichtsensor Sonnenschein meldet.“

Die Zeiten, in denen Stromleitungen neu verlegt werden müssen, um die Geräte im Haus miteinander zu verbinden, sind dank Funk auch vorbei. Und damit ist eine wichtige Hürde aus dem Weg geräumt: Wer stemmt schon gerne seine Wände auf? Das lohnte sich bislang nur bei einer Grundsanierung.

Und auch die Stromversorgung von Steuerungselementen für das „Smart House“ oder „Smart Home“, wie das vernetzte Haus im englischen Fachjargon genannt wird, macht sich immer mehr unabhängig von den bisherigen Stromleitungen. Elemente, die an Heizungen, Lichtschaltern und elektrischen Geräten zur Steuerung dienen, brauchen eine Batterie, erläutert Günther Ohland. Diese halte drei bis fünf Jahre.

Neuere Techniken nutzen sogar den Menschen zur Energiegewinnung. „Wenn Sie einen Fensterhebel per Hand herumdrehen, erzeugen Sie die Energie für die Datenübertragung an das Heizkörperventil, das dann entsprechend auf oder zugeht und Heizenergie einspart“, erläutert Ohland. Alternativ könne die Energie etwa aus dem Sonnenlicht gewonnen werden.

Eine Basisausrüstung für das nachgerüstete Smart Home ist nach Auskunft von Ohland recht günstig. „Mit 4000 Euro lässt sich schon sehr viel machen.“ Bernd Dechert, Geschäftsführer für den Bereich Technik beim Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke in Frankfurt, ist da skeptisch: „Die Kosten dafür sind schwer zu beziffern und hängen vom Ausstattungs- und Automatisierungsgrad ab.“ Außerdem gibt er zu bedenken: „Die Trendsetter gehen jetzt voran und treiben die Technik an. Noch ist es kein Massenmarkt.“

Neben etwa dem Einbruchsschutz ist aber vor allem das Einsparpotenzial der neuen Technik das große Plus, da sind sich die Experten einig. Zwischen 20 und 40 Prozent seien möglich. Dechert berichtet von einem Vergleichstest seines Verbandes, bei dem zwischen einem normalen und einem vernetzten Haus rund 30 Prozent Ersparnis festgestellt worden war.

Nur bei der digitalen Regelung des Lichts sei die Schere zwischen sinnvoller Technik und Einsparmöglichkeit noch zu weit auseinander: Zwar eignen sich LED-Lampen zum zeitgesteuerten Einsatz sowie zur digitalen Steuerung von Lichtstärke am besten, die Technik sei aber noch zu teuer, sagt Dechert. Mit Glühlampe und Energiesparlampe ließen sich die Möglichkeiten der Steuerungstechnik nicht ausreizen. Aber Ohland plädiert ohnehin dafür, beim Licht nicht das Energiesparen in den Vordergrund zu stellen: „Licht macht nur zwei Prozent der Energie im Haushalt aus. Da ist nicht viel Einsparpotenzial im Smart House. Beim Licht kann es nur um Komfort und Sicherheit gehen.“

Bei all dieser Begeisterung für die neue Technik plädiert Smart-Technik-Experte Ohland aber für einen gemäßigten Einsatz der futuristischen Technik: „Niemand sollte sich zum Sklaven des Smart-House-Rechners machen und immer Herr im Haus bleiben.“