Weiß raus, Farbe rein! - Die Wohnung bunt gestalten
Berlin (dpa/tmn) - Wer eine Farbe in seine eigenen vier Wände holt, sollte sich vorher erst einmal Gedanken machen. Denn keine Farbe ist neutral. Rot entfacht Leidenschaft, Blau hingegen beruhigt. Gelb stimmt fröhlich, umgeben von Grün fühlen Menschen sich ausgeglichener.
Allerdings können auch eigene Erfahrungen wie ein Zimmer im Elternhaus das Farbempfinden lebenslang prägen, ebenso spielen Trends immer eine Rolle. Aber eines gilt für alle Menschen: „Wir können uns der Farbigkeit nicht entziehen, egal ob es Grau-, Blau- oder Orange-Töne sind“, sagt Farbforscher Axel Venn. „Optische Signale haben auf unsere Empfindungen großen Einfluss. Die einfachste Empfindung ist „Bleibe ich hier, oder fliehe ich lieber?“.“
Auf Farbkarten im Baumarkt stehen oft mehr als 1000 Farbtöne zur Auswahl. Da kann man leicht ins Grübeln kommen, welche Farbe die Richtige ist. Experten raten, vorher ein eigenes Farbkonzept zu entwickeln. Bücher und Zeitschriften können inspirieren und liefern neue Ideen. Oder man greift zum Malkasten und pinselt verschiedene Farbkombinationen auf ein Blatt Papier. So lässt sich zum Beispiel herausfinden, ob man lieber Farbharmonien mag oder eher Kontraste schätzt, und bei welchen Tönen man sich wohlfühlt.
Auch Farben und Muster von Sofas, Sesseln und Teppichen sollten beim Farbkonzept berücksichtigt werden. „Wenn ich zum Beispiel einen Holzboden und eine orangefarbene Couch habe, würde ich versuchen, etwas Abwechslung hineinzubringen und einen kühleren Farbton für die Wand wählen“, sagt die Innenarchitektin Simone Ferrari. Wer sich nicht ganz sicher ist, ob die gewählten Farben in der Wohnung auch wirklich gut aussehen, kann sich mit einem einfachen Trick behelfen: „Ich verwende ein größeres preiswertes Stück Stoff, um die Wirkung von Farbe im Raum zu testen“, rät Farbpsychologe Uwe Linke.
Für Innenarchitektin Ferrari ist die gewünschte Atmosphäre entscheidend für die Farbwahl: „Soll es eine leichte oder lieber eine warme, gemütliche Atmosphäre sein? Warme Farben sind eher rot-orange, gelb-orange, braune oder beige-Töne. Blautöne wirken dagegen kühler. Wenn man eine leichte Atmosphäre will, hilft ein aufgehellter, pastelliger Ton.“ Je mehr Weiß ein Farbton enthält, desto leichter wirke er. Besonders wohl fühlen Menschen sich etwa in Farben, die Hauttönen oder Augenfarben ähneln, sagt Farbexperte Venn.
Um sich wahrhaft wohlzufühlen, braucht es allerdings mehr als eine Farbe in einem Zimmer. „Bei monochromen Räumen, wo alles beispielsweise weiß und glatt ist, werden die Sinneswahrnehmungen schnell unterfordert, die Räume wirken anregungsarm und können Stress und Nervosität auslösen“, sagt Innenarchitektin Ferrari. Deshalb sollte ein Zimmer eher einer Landschaft gleichen, rät Farbforscher Venn: „Mal schauen wir auf die grünen Felder, und mal schauen wir in den Himmel oder auf ein Blumenbeet. Ein Raum muss erholsame und anregende Elemente in sich tragen.“ Anregend seien etwa pastellige Blumentöne in Rosé oder Gelb-Orange, aber auch gedeckte Orange- oder Lehmfarben, ebenso gebrochene Blaus. „Diese kräftigen Pastelltöne können dann mit Sorbet-Farben kombiniert werden, die beruhigende Charakteristiken zeigen und heller als die Pastellfarben sind.“
Dabei gestaltet man seine Räume idealerweise nicht zu bunt. „Man soll sich ein Farbkonzept aussuchen mit drei Haupttönen und zwei oder drei Nebentönen, die man immer wieder kombinieren kann“, rät Farbforscher Venn. „Dann hat das Wohnzimmer eher diese sonnig-orange Stimmung, das Esszimmer übernimmt dann hauptsächlich den Blauton und dazu einen Orange-Ton. So wechselt von Raum zu Raum der markanteste Ton und dann sieht man plötzlich, dass die Wohnung ein Konzept hat.“
Kraftvolle, farbintensive Nuancen sind für den gesamten Raum weniger geeignet: „In Räumen, in denen man sich länger aufhält, etwa im Esszimmer, würde ich nicht zu stark farbig werden“, sagt die Innenarchitektin Ferrari. Starke Farben könnten schnell bedrängend wirken. Wer einmal richtig kräftige Farben, wie Ochsenblut-Rot, Sonnen-Gelb oder Marine-Blau einsetzen möchte, sollte sich auf eine Akzentwand beschränken, rät die Expertin. „Die kann ich relativ schnell wieder umstreichen. Oder man nutzt die kräftigen Farben in Räumen, in denen man sich nicht so lange aufhält, etwa im Flur oder im Badezimmer.“
Schöne Farbakzente lassen sich durch Teppiche, Kissen oder Vorhänge setzen. „Wohntextilien und Bilder können Lebendigkeit in den Raum bringen“, sagt Uwe Linke. Diese lassen sich auch leicht austauschen und Trends oder Stimmungen anpassen, rät Farbprofi Venn: „Man kann auch ein Kissen mit zwei Farbseiten wählen: Die eine ist gelb, die andere kann die Komplementär-Farbe sein, etwa Blau. Dann kann ich je nach Stimmung von heiter auf beruhigend wechseln. Man muss an Farben nicht sein Leben lang kleben, sie sollten der eigenen Zeitgeist-Stimmung angepasst sein.“
Literatur:
Isabelle Wolf: Was Farben sagen, Goldmann Verlag, 8,99 Euro, ISBN-13: 978-3442172313