Blaues Band im Frühling - Vergissmeinnicht und Gedenkemein
Illertissen (dpa/tmn) - Endlich Frühling! Die Sehnsucht der Menschen nach Sonnenwärme und blühender Natur ist nach dem Winter groß. So haben im Volksmund auch einige im Frühling blühende Pflanzen besonders gefühlvolle Namen erhalten: Vergissmeinnicht und Gedenkemein.
Die Farbe Blau wirkt häufig kalt. Aber sie erweist sich in keiner Weise als frei von Gefühlen. Ganz im Gegenteil - mit dieser Farbe werden Treue, Harmonie und Sehnsucht verknüpft. Es sind auf gewisse Art und Weise auch Gefühle des Frühlings, denn nach den kalten und tristen Wintertagen verspürt man eine große Sehnsucht nach Sonnenwärme, blühender Natur und einem blauen Himmel.
Dieses kommt in Eduard Mörikes romantischem Gedicht „Er ist's“ ganz deutlich durch: „Frühling lässt sein blaues Band / Wieder flattern durch die Lüfte…“. Der Volksmund hat gerade zwei blaublühenden Frühlingsblumen Namen gegeben, die diese Gefühle zum Ausdruck bringen: Vergissmeinnicht (Myosotis) und Gedenkemein (Omphalodes). Dazu gesellt sich noch das Kaukasus-Vergissmeinnicht (Brunnera).
„Das Kaukasus-Vergissmeinnicht ist eine äußerst wertvolle Staude“, sagt Dieter Gaissmayer, Vorstand der Stiftung Gartenkultur. Am besten gedeiht die Brunnera aber im Halbschatten. „Auch im Schatten und in der Sonne wächst das Kaukasus-Vergissmeinnicht gut“, erläutert der Staudengärtner aus Illertissen in Bayern. Er schränkt lediglich ein, dass der Boden nicht zu trocken sein sollte.
In den vergangenen Jahren hat es eine Flut neuer Sorten gegeben, die vor allem die Farben der Blätter variieren. Bei der Sorte 'Langtrees' sind es kleine, weiße Punkte, während 'Jack Frost' bis auf die Blattadern und -ränder silbrig gefärbt ist. Gaissmayer rät Hobbygärtner aber, vorsichtig zu sein, denn zum Teil zeigen die Neuheiten Schwächen. „Die Sorte 'Looking Glass' ist fast ebenmäßig silbrig. Tropft Wasser von den Bäumen, kommt es zu Blattflecken“, erläutert er. Die Wildform sowie die Klassiker 'Langtrees' und 'Jack Frost' haben sich dagegen bewährt.
Die Gattung Brunnera gehört wie Gedenkemein und Vergissmeinnicht zu der Familie der Borretschgewächse, benannt nach dem Gurkenkraut. Sie heißen auch Raublatt-Gewächse. „Dieser Name ist selbsterklärend“, sagt Prof. Thomas Stützel, Direktor des Botanischen Gartens der Ruhr-Universität Bochum. „Wenn man die Blätter streichelt, fühlt sich das an wie eine Hundezunge.“ Fast alle Raublatt-Gewächse haben solche Blätter, die Schnecken gerne verschmähen.
Die rundlichen Blüten der drei Gattungen Myosotis, Omphalodes und Brunnera sind sich sehr ähnlich. „Das Vergissmeinnicht hat etwas kleinere Blüten, einen gelben Schlund und ist himmelblau“, beschreibt Stützel. Das Gedenkemein ist hingegen marineblau. Bei dem Kaukasus-Vergissmeinnicht ist der Blütenstand locker verzweigt und schwebt über den Blättern. Beim Gedenkemein sitzen die Blüten dichter im Laub und sind nicht so zahlreich wie beim Vergissmeinnicht.
„Gedenkemein ist eine bewährte Pflanze für die flächige Verwendung“, sagt Gaissmayer. Sie ist sehr resistent gegen Trockenheit. „Omphalodes blüht in lichten Gebüschen“, erläutert Prof. Stützel. Ein sonniger Standort ist auch möglich, allerdings sollte der Boden in diesem Fall frisch bis feucht sein. Aber nur eine Art ist in gärtnerischer Kultur: Omphalodes verna. Die Pflanzen bilden dichte Teppiche. „Diese Flächen kann man auflockern, indem man halbhohe Sorten des Geißbartes (Aruncus) oder schattenverträgliche Seggen (Carex) dazwischen pflanzt“, erklärt Gaissmayer. Wenn der Boden im Frühling ausreichend feucht ist, kann man Narzissen dazusetzen.
Gaissmayer hat einen Liebling unter den Vergissmeinnicht-Arten: „Das Bodensee-Vergissmeinnicht (Myosotis rehsteineri) ist ein kleines, liebreizendes Pflänzchen.“ Es ist eine sogenannte endemische Pflanze. Das bedeutet, die Pflanze kommt nur in einem begrenzten Gebiet vor. Das sind vor allem der Bodensee sowie der Gnadensee. Aber: „Die mehrjährige Pflanze befindet sich in gärtnerischer Kultur“, sagt Gaissmayer. Wer sie an einen feuchten Standort im Garten mit nährstoffarmem Boden pflanzt, kann die in der Natur rar gewordene Pflanze bewahren.