Die Schlüsselblume: Gelbe Schönheit nach dem Winter

Kiel (dpa/tmn) - Man entdeckt sie bei den ersten Spaziergängen des Jahres in den Wäldern: Schlüsselblumen. Die unter Naturschutz stehenden Schönheiten können aber auch im Garten erblühen.

Wenn die Sonnenstrahlen des Frühlings den winterkalten Boden erwärmen, erheben sich zwischen den frischgrünen Blattrosetten der Schlüsselblumen ihre kleinen gelben Blütenstände. Man entdeckt sie an Waldrändern, in Wiesen und entlang von Bachläufen, aber auch im eigenen Garten. Dann steht fest: Der Frühling ist da. Um allerdings die Art zu erkennen, muss man sie aus der Nähe betrachten. Denn die Echte Schlüsselblume (Primula veris) und die Hohe Schlüsselblume (Primula elatior) sehen sich recht ähnlich.

„Die Echte Schlüsselblume erkennt man am Duft“, erläutert Martin Nickol, Kustos des Botanischen Gartens der Christian-Albrechts-Universität Kiel. „Außerdem tragen die gelben Blüten fünf orangefarbene Saftmale, der Kelch ist bauchig geformt.“ Die Blüten der Hohen Schlüsselblume haben hingegen einen goldgelben Schlund, und nur bei gutem Licht kann man auch gelbe Flecken entdecken.

Sie haben auch unterschiedliche Standortwünsche: „Die Echte Schlüsselblume kommt vor allem in niedrigen, grasigen Rasengesellschaften an sonnigen, eher trockenen Standorten vor“, sagt Manfred Wessel, Technischer Leiter des Botanischen Gartens Frankfurt am Main. „Die Hohe Schlüsselblume liebt feuchtere Wälder oder feuchte Gebirgswiesen.“

Beide Arten sind in Mitteleuropa heimisch. „Die Echte Schlüsselblume hatte früher den Namen Primula officinalis“, sagt Wessel. Diese Bezeichnung heißt so viel wie arzneilich. „Primula veris enthält Saponine. Aufgrund dieser die Schleimhaut reizenden Stoffe ist Primula veris in zahlreichen Phytopharmaka gegen Erkältungen und Bronchitis enthalten“, erläutert der Botaniker Nickol.

Seit der Renaissance haben sich für den Namen Schlüsselblume zahlreiche Deutungen entwickelt. „Der Aufbau der Blüte gleicht einem alten Schlüssel mit Bart“, beschreibt Wessel. „Folglich ähneln die Blüten an dem kräftigen Stiel einem Schlüsselbund.“ Passend zu dieser Deutung gibt es die Legende von Petrus, der im Himmel seinen Schlüsselbund fallen lässt. Wo er auf die Erde traf, soll die Schlüsselblume gewachsen sein. Zugleich kann der Name auch mit der frühen Blütezeit gedeutet werden, da die Pflanze quasi die neue Vegetationsphase aufschließt.

Bei der Kultur im Garten muss man die Standortbedingungen berücksichtigen. „Die Echte Schlüsselblume liebt einen sonnigen Platz auf einem trockenen Boden, während die Hohe Schlüsselblume es eher halbschattig feucht mag“, sagt Wessel. Daraus ergeben sich verschiedene Kombinationsmöglichkeiten mit anderen Frühlingsblühern. „Lenzrosen, Traubenhyazinthen und Tulpen eigenen sich als Partner von Primula veris“, schlägt Nickol vor. „Als Symbol für die natürliche Pflanzengemeinschaft in Wiesen kann man auch einige winterharte Ziergräser dazupflanzen.“

Die Hohe Schlüsselblume gesellt sich gerne zu ihren typischen Begleitern im Wald. „Da wachsen Buschwindröschen (Anemone nemorosa), Lerchensporn (Corydalis cava), Leberblümchen (Hepatica nobilis) und Veilchen (Viola odorata) zusammen“, erklärt Wessel.

Aber Nickol warnt: „Was in den Blumengeschäften jetzt angeboten wird, ist nur bedingt für das Freie geeignet. Die bunt blühenden Hybriden werden im Gewächshaus angezogen und daher überleben sie Frostperioden, die im Frühling immer mal wieder auftreten können, nur mit Schutzmaßnahmen.“ Aber man kann die Pflanzen nach der Blüte in den Garten setzen. Am geeigneten Standort im Halbschatten werden sie in den nachfolgenden Jahren den Frühling bereichern.