Stück Kulturgeschichte Esskastanie ist Baum des Jahres 2018

Berlin (dpa) - Eher selten, aber lecker: Die Esskastanie mit ihren kugelig-braunen Früchten ist der Baum des Jahres 2018. Nach der Fichte wird damit eine Baumart ins Bewusstsein gerückt, die in Deutschlands Wäldern nicht überall ins Auge sticht, wie die Stiftung Baum des Jahres am Donnerstag in Berlin mitteilte.

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Esskastanien wachsen vor allem in Weinbaugebieten wie der Pfalz, bundesweit aber auch in vielen Parks und Gärten.

„Die Esskastanie hat eine recht junge Geschichte in unseren Breiten“, sagte Deutschlands Baumkönigin Anne Köhler bei der traditionellen Pflanzung des Jahresbaums in Berlin. Sie gelte zwar nicht als heimische Baumart, gehöre aber zumindest in Südwestdeutschland längst in die Kulturlandschaft.

Esskastanien können rund 30 Meter hoch werden und mehrere Hundert Jahre alt werden. Die großen Höhlen alter Bäume sind auch bei Waldbewohnern beliebt - für die Wildkatze sind sie zum Beispiel bevorzugte Wurfplätze. Die reiche Blüte bietet im späten Frühjahr einer Vielzahl von Insekten Nahrung.

Bereits die alten Griechen pflanzten den Baum im Mittelmeerraum, in der Bronzezeit finden sich seine Spuren auch in Südfrankreich. Doch erst die Römer brachten die Esskastanie über die Alpen in germanische Gefilde - vor allem an Rhein, Nahe, Mosel und Saar. Anders als die bekanntere Rosskastanie, die zu den Seifenbaumgewächsen gehört, ist die Baumart eng mit Buchen und Eichen verwandt.

Esskastanien und ihr Holz waren früher wichtig für den Weinbau, zum Beispiel für Weinfässer. Noch bedeutsamer aber wurden die Früchte, die zu den Nüssen zählen, als Vorratsreserve. Besonders Maronen - das sind die Früchte speziell veredelter Bäume - waren mit ihrem hohen Gehalt an Stärke oft ein lebensrettendes Lebensmittel in Hungerwintern.

Außerhalb ihrer traditionellen Regionen sind geröstete Maronen heute in Deutschland als Spezialität auf Weihnachtsmärkten oder als Füllung für die Weihnachtsgans bekannt. Eine echte Renaissance erlebten Esskastanien zuvor in den Küchen Frankreichs, Italiens und der Schweiz. Dort kommen sie geröstet, geschmort oder als Püree auf den Tisch, aber auch in Form von Marmelade, Eis, Pudding, Kuchenfüllungen oder Pasteten. Sie sind längst kein Arme-Leute-Essen mehr, sondern eine Spezialität.