Heilige und Frösche: Bauernregeln im Garten
Berlin (dpa/tmn) - „Säst du im März zu früh, ist’s oft vergeb'ne Müh’.“ Oder: „Mai kühl und nass, füllt des Bauern Scheun' und Fass.“ Sprüche wie diese bestimmten über Jahrhunderte den Alltag der Bauern.
Anders als heute mussten sie das Wetter ohne Satelliten und Wetterkarteneinschätzen.
„Bauernregeln spiegeln meteorologische Wahrscheinlichkeiten wider und transportieren Erfahrungswissen, das teilweise auch heute noch gilt“. Das sagt Herbert Lohner vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).
So verweist die Regel „Märzen-Schnee tut den Zarten weh“ darauf, dass frische Aussaaten bei einem Wintereinbruch häufig erfrieren. „Mairegen bringt Segen“ wiederum deutet darauf hin, dass ausreichend Niederschlag in dieser Zeit für ein gutes Wachstum sorgt - und sorgen muss. „Ansonsten könnte die Ernte schlecht ausfallen“, sagt Lohner.
Die ersten Regeln sollen bereits in der Antike entstanden sein. Grundlage waren wiederkehrende Naturphänomene. „Diese Regelmäßigkeiten haben unsere Vorfahren dann in Reimform an ihre Nachkommen weitergegeben, weil man sich die Regeln so leichter merken kann als einen einfachen Satz“, erläutert Michaela Basler, Beraterin für Gartenkultur und Landespflege im Landratsamt Amberg-Sulzbach.
Die wohl bekanntesten Bauernregeln ranken sich um die Gedenktage von Heiligen wie die Eisheiligen Mamertus, Pankratius, Servatius, Bonifatius und Sophia vom 11. bis 15. Mai. Sprichworte wie „Pankrazi, Servazi und Bonifazi sind drei frostige Bazi. Und zum Schluss fehlt nie die Kalte Sophie“ spielen auf die Nachtfröste an, die bis Mitte Mai vorkommen können. Für empfindliche Pflanzen können sie Folgen haben: „Die kalte Sophie macht alles hie“, sagt eine Bauernregel.
Aus meteorologischer Sicht sind diese Aussagen gar nicht so unwahrscheinlich, etwa was Höhenlagen und Täler angeht. „Dort kann sich zu dieser Jahreszeit oftmals noch Kaltluft sammeln“, erklärt Gerhard Lux vom Deutschen Wetterdienst. Auch Phänomene wie Schafskälte oder eine beständige Periode nach dem Siebenschläfertag kann er mit jahreszeitlich typischen Großwetterlagen begründen.
Darüber hinaus kann er Bauernregeln aber nicht viel abgewinnen. „Die Trefferquote bei den bäuerlichen Wetterregeln ist aus heutiger Sicht oft erbärmlich schlecht. Da könnte man auch würfeln“, sagt Lux. Die aus Naturbeobachtungen abgeleiteten Regeln will er aber nicht als blanken Unsinn hinstellen. „Sie sind jedoch heutzutage überholt.“
Nicht nur die Verbesserungen der Vorhersagen haben dafür gesorgt, dass Bauernregeln ihren wahren Kern eingebüßt haben. Mit der Einführung des gregorianischen Kalenders Ende des 16. Jahrhunderts verschoben sich Gedenktage. Auch der Klimawandel hat Auswirkungen: Die Jahresdurchschnittstemperatur ist gestiegen, was die Häufigkeit bestimmter Großwetterlagen veränderte und die Vegetationsperiode verlängerte. „Frühlingsboten und Zeigerpflanzen wie Schneeglöckchen, Forsythie und Apfel blühen inzwischen im Schnitt etwa drei Wochen früher als noch Mitte des 20. Jahrhunderts.“
Und viele Bauernregeln beschreiben regionale klimatische Gegebenheiten. Die Eisheiligen sind hierfür ein Beispiel: Während im Norden Mamertus als erster Eisheiliger gilt, beginnt im Süden die Rechnung mit Pankratius. Denn die Kaltluft aus dem Norden trifft erst einen Tag später in Süddeutschland ein.
Auf kurzfristige Naturbeobachtungen können sich Hobbygärtner aber oft verlassen. Bauernregeln wie „Entfernen sich die Bienen nicht weit von der Beute, erwarten Schlechtwetter Land und Leute“ und „Abendrot, schön Wetterbot“ sind laut Basler durchaus zutreffend. Und auch auf den Wetterfrosch sei Verlass - wenn er wegen hoher Luftfeuchtigkeit sein angestammtes Revier verlässt. Von dem Spruch „Frösche auf Stegen und Wegen deuten auf baldigen Regen“ ist die Expertin überzeugt.