Grün in der Stadt Mit Ente und Lavendel - Firmengärten in Berlin
Berlin (dpa) - Tee mit frischer Pfefferminze für die Mitarbeiter gibt es jetzt öfter. Das duftende Kraut hat sich im Dachgarten direkt an der Spree breit gemacht.
Auf der einst grauen Betonfläche der Firma diffferent GmbH in Berlin-Kreuzberg sprießen auch Salat, Salbei, Bohnen und Lavendel. Zwischen Pflanzkisten auf dem Holzdeck brütet derzeit auch eine Ente. „Das ist das Nonplusultra hier“, schwärmt die Kommunikations-Managerin Johanna Brücker. „Ich konnte es gar nicht glauben, dass sich eine Firma das leistet“, sagt die 37-Jährige. „Hier arbeitet man gern.“
Gerade sucht sich ihre Kollegin Franziska Landgraf mit ihrem Laptop einen Platz in dem 120-Quadratmeter-Idyll mit Blick aufs Wasser und die Oberbaumbrücke. „Das ist hier oben nicht so stressig.“ Auch zum Feierabend-Bier finden sich Mitarbeiter der Strategieagentur ein, es gibt Grillfeste und Treffen mit Kunden, zu denen Ikea und die Deutsche Bahn gehören.
Attraktive Firmengelände und ein grünes Arbeitsumfeld seien ein ökologischer Beitrag in der wachsenden Stadt, das rechne sich für Unternehmen und Mitarbeiter gleichermaßen, sagt Umweltsenatorin Regine Günther (parteilos, für Grüne). Sie hat die Schirmherrschaft zu dem Wettbewerb Firmengärten Berlin 2018 übernommen. Dieser sei ein Ideengeber für noch mehr urbanes Grün, das zu guter Lebensqualität in der Stadt beitrage. Berlin zählt bereits zu den grünsten Metropolen weltweit - 44 Prozent sind Grün-, Frei- oder Wasserfläche.
Prämiert werden nun wieder solche Plätze, „die typisch für Berlin sind - urban, vielfältig, sozial“. Bis Ende Juni können sich Unternehmen mit ihren Wohlfühl-Oasen für die Belegschaft bewerben. Die diffferent GmbH gehörte 2017 zu den Preisträgern.
Wie viele Unternehmen in der Hauptstadt für und mit Beschäftigten Gärten angelegt haben, kann indes niemand so recht sagen. Von Dutzenden ist bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) die Rede, die in einem Bündnis zu den Unterstützern des Wettbewerbs gehört.
Firmen wie die Märkisches Landbrot GmbH, Vattenfall, der Medienkonzern Springer, die Bayer Pharma AG oder Knauer Wissenschaftliche Geräte GmbH und die Berliner Stadtreinigungsbetriebe haben bereits grüne Plätze eingerichtet. Solche Gärten förderten die Gesunderhaltung der Beschäftigten und verbesserten auch das Unternehmensimage, erläutert IHK-Sprecherin Claudia Engfeld.
Die Stiftung Grüne Stadt hat den Wettbewerb angeregt. Sie hat ein Konzept entwickelt und stellt es bundesweit interessierten Kommunen zur Verfügung, so auch in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg.
Einen ersten Firmengarten-Wettbewerb gab es 2002 in Hannover. Diese Erfahrungen habe die Stiftung aufgegriffen, erläutert Peter Menke. Heute suchten Firmen angesichts immer knapper werdender Fachkräfte nach neuen Möglichkeiten, ihren Mitarbeitern etwas zu bieten. Ein angenehmes Arbeitsumfeld sei ein weicher Standortfaktor.
Landschaftsarchitekt Philipp Sattler, der schon im Vorjahr ehrenamtlich in der Berliner Jury saß, sieht eine Verbesserung des Klimas im doppelten Sinn - für die immer mehr verdichtete Stadt sowie für die Firmen. Er freut sich, dass vielerorts Mitarbeiter ihr Grün selbst pflegten oder mit angelegt haben. „Da sieht man dann, es funktioniert nicht, nur einmal in den Baumarkt zu fahren.“ Die Kosten für Bau und Unterhalt seien meist überschaubar. Auch eine begrünte Fassade sei eine nachhaltige Investition.
Bei der diffferent GmbH halten Profis den Dachgarten in Schuss, bei der Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte pflegen Mitarbeiter ihr Grün selbst. Hier entstand ganz in der Nähe des Fernsehturms aus einem hässlichen Parkplatz ein Garten mit Hochbeeten aus Holz, wie Sprecher Martin Püschel begeistert erzählt. Da trifft man sich zu Meetings oder zum Grillen. Zwischen wildem Wein hängen an einer Wand bunte Vögelkästen. Auf dem begrünten Dach der Zentrale stehen Bienenkästen.
„Gegärtnert wird in der Pause oder nach Feierabend“, berichtet Püschel über den Hofgarten. Doch den Anfang mit richtigem Konzept hätten die Spezialisten von den Prinzessinnengärten in Kreuzberg gemacht. Sprecher Püschel ist bei der Pflege der Beete auf den 200 Quadratmetern auch dabei. „Man kriegt ein besseres Gefühl für die Natur.“