Nord- und Ostsee zunehmend durch Paraffin verschmutzt
Hamburg (dpa) - Die Industrie braucht Paraffin zur Imprägnierung von Papier, Textilien und Holz, für Pharmazie und Kosmetik. Immer öfter liegen die Klumpen aber an den Küsten von Nord- und Ostsee.
Paraffin hat Öl als größten Verschmutzer der Nord- und Ostsee-Küsten abgelöst. Mittlerweile seien fast zwei Drittel der Verschmutzungen Paraffin, sagte die Präsidentin des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie, Monika Breuch-Moritz, in Hamburg. Die wachsartige Masse sei zwar nicht giftig, könne aber das Gefieder von Vögeln verkleben. Derzeit sei es noch erlaubt, Paraffin-Tanks auf hoher See zu spülen.
Die Küstenländer klagen seit Jahren über die zunehmende Belastung bei der Reinigung der Strände. Die Umweltminister der Länder haben den Bund aufgefordert, sich für ein Verbot dieser Tankspülungen auf hoher See einzusetzen. Die Tanks müssten dann künftig im Hafen gereinigt werden. Ende des Monats will sich die Internationale Schifffahrtsorganisation IMO erneut mit dem Problem beschäftigen.
In den 1980er Jahren habe Öl noch 88 Prozent der Verschmutzung ausgemacht, heute nur noch 19 Prozent, heißt es im Jahresbericht des Bundesamtes. Paraffin spielte damals mit einem Prozent fast keine Rolle, heute sind es 65 Prozent.
Das Bundesamt hat zudem die höchste Temperatur der Nordsee seit der offiziellen regelmäßigen Messung im Jahr 1969 festgestellt. Demnach war das Wasser im vergangenen Jahr mit 11,4 Grad im Durchschnitt 1,5 Grad wärmer als im langfristigen Mittel. In der Deutschen Bucht lag die Durchschnittstemperatur mit 12,1 Grad sogar 2,1 Grad über dem langjährigen Mittel. Je höher die Temperatur des Wassers, desto weniger Sauerstoff kann sich darin lösen. Welche Folgen das konkret habe, müssten die Meeresbiologen nun erkunden, sagte die Amtschefin.
Die Ostsee profitierte von einem sehr starken Salzwassereinbruch Anfang Dezember. Nach tagelangem Ostwind hatten drei Tiefs mit Westwind Nordseewasser durch Öresund und Belt gedrückt. Fachleute schätzen, dass rund vier Gigatonnen Salz in die Ostsee gelangten. „Das entspricht einer halben Meter hohen Schicht auf einer Fläche von vier Quadratkilometern“, sagte Breuch-Moritz. Wie sich das auf die sauerstoffarmen „Todeszonen“ Bornholm- und Gotland-Becken auswirkt, werde die Forscher noch Monate und Jahre beschäftigen, sagte Breuch-Moritz.
Dem Bundesamt zufolge wurden in der Ausschließlichen Wirtschaftszone der Nordsee 461 Windräder aufgestellt, in der Ostsee 23. Zudem ließen die Energieunternehmen 720 Fundamente legen, 640 davon in der Nord- und 80 in der Ostsee. Bei der Überwachung der Baustellen hätten die Experten des Bundesamtes festgestellt, dass der für Meerestiere schädliche Baulärm dank neuer Schallschutzmaßnahmen unter den Grenzwerten blieb. Zum Teil werden auch sogenannte Flüsterfundamente gelegt. Diese werden nicht in den Meeresboden gerammt, sondern eingesogen.