Interessenvertreter der Natur Parkranger unterwegs im Wattenmeer
Hannover (dpa) - „Da haben wir ihn ja“, freut sich Niels Biewer. „Bist du sicher?“, fragt der Kollege. Aber für Nationalpark-Ranger Biewer auf der ostfriesischen Insel Norderney besteht kein Zweifel.
In der Hand hält er eine Blüte des sogenannten Keulen-Bärlapp.
„Die Pflanzenart hat hier erst vor wenigen Wochen ein Inselbewohner entdeckt.“ Biewer und sein Ranger-Kollege Nico Erdmann suchen weitere Exemplare. Den Blick auf den Boden gerichtet, gehen sie ihrer Arbeit nach: dem Schutz und der Bestandsaufnahme von Tier- und Pflanzenarten im Nationalpark Wattenmeer auf Norderney.
Nicht immer geht es dabei so ruhig zu wie heute. Es ist ein nasser Tag, an dem nur wenige Touristen auf der Insel unterwegs sind. Sonst hätten die Ranger alle Hände voll zu tun. Denn sie müssen immer dann eingreifen, wenn die Besucher zur Gefahr für die Natur werden. Kite-Surfer, freilaufende Hunde, achtlose Spaziergänger - sie alle teilen sich den Lebensraum Norderney mit geschützten Tier- und Pflanzenarten. Reibungen bleiben da nicht aus - den Kürzeren zieht meist die Natur.
Seit 1986 stehen sämtliche Nordseeinseln in Niedersachsen und Schleswig-Holstein als Teil des Nationalparks Wattenmeer unter Naturschutz. Auch ein großer Teil von Norderney gilt als Schutzzone, in der sich Touristen nur auf festen Wegen fortbewegen dürfen, um brütende Vögel nicht zu stören. Nicht alle halten sich daran.
„Die meisten Störungen entstehen durch Unwissenheit“, sagt Erdmann. Immer wieder suchen die Ranger deshalb das Gespräch mit den Besuchern und Bewohnern, klären auf, bitten um Rücksichtnahme. „In 90 Prozent der Fälle begegnen uns die Menschen mit Verständnis.“ Nur selten zeigten sich die Angesprochenen uneinsichtig. Dann jedoch könne es auch mal knifflig werden. „Einer hat mir mal gedroht, seinen Hund auf mich zu hetzen“, erinnert sich Erdmann.
Vor wenigen Jahren mussten noch sechs Dünenwarte auf allen niedersächsischen Inseln neben dem Dünenschutz auch das Fehlverhalten der Touristen im Auge behalten. Vor mehr als einem Jahr hat das für den Nationalpark zuständige Landesumweltministerium deshalb zehn hauptamtliche Ranger-Stellen geschaffen, die diese Aufgabe übernehmen.
„Das sind noch immer viel zu wenige“, schimpft Manfred Knake vom Verein Wattenrat, der sich für den Naturschutz im Nationalpark engagiert. „Rund ein Dutzend Ranger auf 3500 Quadratkilometern Nationalparkfläche sind ein Placebo.“ Hinzu käme, dass die Ranger überhaupt keine hoheitlichen Befugnisse hätten. Tatsächlich dürfen Erdmann, Biewer und ihre Kollegen keine Platzverweise aussprechen oder Personalien feststellen.
„Zehn Hauptamtliche sind nur der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein“, sagt auch Uilke van der Meer. Er leitet das vom BUND getragene Nationalparkhaus auf Dornumersiel. „Es gibt ja nicht nur den Tourismus.“ Gerade an der östlichen Nordseeküste in Niedersachsen sei die Belastung durch die Landwirtschaft groß. Viele Schadstoffe gerieten ins Meer.
Für das Umweltministerium ist es noch zu früh für ein Fazit. „Ob eine Aufstockung von Rangern erforderlich beziehungsweise zwingend notwendig ist, wird sich erst im Laufe der Zeit ergeben“, teilt eine Sprecherin mit. Dennoch habe der bisherige Einsatz viel Positives bewirkt. „Bürger wie auch die Gäste an der Küste haben direkte Ansprechpartner auf den Inseln und dem Festland, viele Fragen können jetzt unmittelbar an Ort und Stelle geklärt werden.“
Umweltschutz, das ist vor allem ein Kompromiss. Häufig lassen sich die Probleme nicht in ein Schwarz-Weiß-Schema pressen. Denn manche Maßnahmen schaden zwar den Tieren, schützen die Insel aber vor den Auswirkungen von Wellen und Gezeiten. „Immer wieder müssen wir deshalb auch mit dem Küstenschutz nach Lösungen suchen“, sagt Biewer. „Da sind wir aber inzwischen eingespielt.“
Größte Herausforderung für die Ranger auf den Inseln und an der Küste bleiben jedoch die vielen Millionen Besucher jedes Jahr - Tendenz steigend. Der Druck auf die Schutzzonen auf Norderney wächst, auch wenn die beiden Ranger und ihre vielen freiwilligen Helfer die Lage noch im Griff haben.