Streit um bedrohte Nashörner spaltet Tierschützer
Washington/Bangkok (dpa) - Die Nashörner fallen zunehmend der Wilderei zum Opfer. Tierschützer und auch das Land Kenia wollen sie daher stärker schützen.
Auf der kommenden Konferenz des Washingtoner Artenschutzübereinkommens (Cites) vom 3. bis 14. März in Thailands Hauptstadt Bangkok steht der Fall weit oben auf der Agenda. Kenia hat einen Antrag gestellt, in dem es ein Verbot der Trophäenexporte aus Südafrika und Swasiland fordert, bis striktere Kontrollen aufgebaut seien. Diese Staaten möchten aber gerade mit dem Geld aus dem Trophäenmarkt ihren Nashornschutz finanzieren.
Schon seit 1977 stehen alle Nashornbestände im Anhang I des Artenschutzübereinkommens, was ein internationales Handelsverbot bedeutet. 1994 und 2004 wurden jedoch Ausnahmen für den Breitmaulnashorn-Bestand zuerst in Südafrika, dann in Swasiland geschaffen. Der Export von Hörnern als Jagdtrophäe ist seitdem aus diesen Ländern wieder erlaubt. Nach Kenias Ansicht fördert die Ausnahmeregelung die Wilderei und den illegalen Handel. Deshalb solle sie gekippt werden. Denn aktuell mache die Wilderei die umfangreichen und teuren Schutzmaßnahmen für die Rhinozerosse, die sich Kenia, aber auch Südafrika leisten, wieder zunichte.
Insbesondere Vietnamesen nutzten den erlaubten Trophäenexport, um Nashörner in Südafrika zu jagen. „In den Jahren 2009 bis 2012 gingen 48 Prozent aller Genehmigungen für Nashornjagden an Vietnamesen“, erläuterte Brit Reichelt-Zolho vom WWF. In Vietnam werde das Horn, das wie unsere Fingernägel aus Keratin besteht, allerdings pulverisiert. Neureiche servieren es ihren Gästen zu alkoholischen Getränken als Mittel gegen den Kater am nächsten Morgen, Mütter geben es ihren Kindern gegen Fieber. Seit ein Regierungsmitglied angeblich durch das Horn von Krebs geheilt wurde, gab es einen weiteren Nachfrageschub. Nach WWF-Angaben vergibt Südafrika inzwischen keine Jagdgenehmigungen mehr an Vietnamesen, nun aber sprängen vermehrt Jäger aus Tschechien, Polen und Russland ein und verkauften das Horn.
„Nashorn-Präparate sind längst zu einem Prestigeobjekt der Reichen in Vietnam und China geworden“, meint auch die Organisation Pro Wildlife und fordert, den Trophäenexport zu verbieten. Legaler Handel verstärke auch immer wieder den Schmuggel, wie etwa die Ausnahmegenehmigungen für den Elfenbein-Export gezeigt hätten. Das Horn ist derart begehrt, dass einige Exemplare in Europa aus Museen und Universitäten gestohlen wurden.
Der WWF ist dagegen weiter für den kontrollierten Trophäen-Export. Sonst bestehe die Gefahr, dass sich der derzeitige, legale Handel mit Trophäen in einen unkontrollierten wandeln würde. Außerdem werde durch Kenias Vorschlag die private Haltung von Nashörnern wirtschaftlich unrentabel. „Etwa 25 Prozent aller Nashörner in Südafrika befinden sich in Privatbesitz.“ Diese Halter seien maßgeblich am Aufbau der Bestände in dem Land beteiligt gewesen.
Der Biologe Duan Biggs von der University of Queensland in Australien empfiehlt, den Handel mit den Hörnern ganz zu legalisieren und damit den Bedarf auf dem Markt legal statt illegal zu decken. Werde der illegale Handel immer intensiver bekämpft, würden die Hörner nur wertvoller und für Kriminelle profitabler, argumentiert er im Fachjournal „Science“. Biggs schlägt sogar vor, die Nashörner eigens für ihre Hörner zu züchten. Unter Betäubung könne dem Nashorn das Horn abgeschnitten werden. Einem Breitmaulnashorn könnten 900 Gramm Horn pro Jahr nachwachsen.
Rund 5000 Nashörner seien nötig, um den aktuellen Bedarf zu decken, so Biggs: „Ein legaler Handel könnte gleichzeitig Hörner liefern, den Nashornschutz finanzieren und einen Anreiz für ihren nachhaltigen Nutzen und ihr langes Überleben geben.“ Beim Handel mit Krokodilleder sei diese Methode bereits erfolgreich gewesen. Auch einer Nachfragesteigerung könne durch weitere Nashornzucht leicht begegnet werden. Sollte der legale Handel dennoch zu einem gefährlichen Anstieg der Wilderei führen, könne er neu organisiert oder beendet werden, räumt der Forscher allerdings ein.
Schon jetzt liege der Wert der Hörner mit einem Preis von 65 000 Dollar (knapp 50 000 Euro) pro Kilogramm in 2012 über dem von Gold, Diamanten oder Kokain, so Biggs. Noch gibt es circa 20 000 der Tiere in Afrika. Doch die anhaltende und zunehmende Wilderei stellt eine akute Bedrohung dar. „Wenn die Wilderei weiter zunimmt, könnte Afrikas verbliebene Nashornpopulation in der Wildnis innerhalb von 20 Jahren aussterben“, meint Biggs.