Tödliche Klimaextreme durch Treibhausgase
Genf (dpa) - Sie kamen mit harmlosen Namen und brachten Verderben. Katrina, der tödlichste Hurrikan in den USA seit 1928. Oder Lekima, der Taifun, der in Vietnam die schlimmsten Fluten seit einem halben Jahrhundert auslöste.
Von gigantischen Wirbelstürmen über Hitzewellen und extreme Dürren bis zu verheerenden Hochwassern wie in Deutschland - zwischen 2001 und 2010 erlebte die Welt nicht nur die wärmste Dekade seit etwa 1850, als die regelmäßige Aufzeichnung meteorologischer Daten begann, sondern auch die tödlichsten Wetter-Extreme: Mehr als 370 000 Menschen kamen dabei insgesamt ums Leben - 20 Prozent mehr als von 1991 bis 2000.
Und das jetzige Jahrzehnt könnte noch furchtbarer werden, warnten UN-Experten am Mittwoch in Genf bei der Vorlage des mehr als 100 Seiten umfassenden Berichts „Das globale Klima 2001-2010 - Eine Dekade der Extreme“. An der Langzeitstudie waren Wetterdienste von 139 Staaten beteiligt. Ein Fazit: „Steigende Konzentrationen von Treibhausgasen verändern unser Klima mit weitreichenden Folgen“, sagte Michel Jarraud, der Generalsekretär der Weltorganisation für Meteorologie (WMO), bei der Vorlage des Berichts.
Zugleich erklären die Klimaforscher, es sei zu simpel, allein den steigenden Schadstoffausstoß für alle Wetterkatastrophen verantwortlich zu machen. Viele Desaster - darunter die verheerende Hitzewelle in Europa im Jahre 2003 - könnten ebenso „mit den natürlichen Schwankungen im klimatischen System erklärt werden“, relativierte der WMO-Chef. Selbst ein ganzes Jahrzehnt gelte in der Klimaforschung als ein „Mindestzeitrahmen für aussagekräftige Einschätzungen“.
In einem sind sich die Experten völlig einig: Die Launen von Mutter Natur mögen in großen Zeiträumen für Hin- und Herbewegungen des Weltklimas sorgen. Der Einfluss des Menschen aber geht bislang immer nur in ein und dieselbe Richtung: Immer mehr Kohlendioxid (CO2), Methan, Stickstoffoxid und andere schädliche Gase werden in die Atmosphäre gejagt.
Allein die CO2-Konzentration in der Atmosphäre stieg dem Bericht zufolge in der untersuchten Dekade auf 389 ppm (Teile pro Million). Das seien fast 40 Prozent mehr als vor dem Zeitalter der Industrialisierung um 1750. Bei Methan betrug der Zuwachs 158 Prozent, bei Stickstoffoxid 20 Prozent.
Darin sehen die Forscher einen wesentlichen Grund für den Anstieg der durchschnittlichen globalen Jahrestemperatur auf 14,47 Grad Celsius - 0,47 Grad über dem Niveau von 1961 bis 1990 sowie 0,21 Grad über dem von 1991 bis 2000. Dem Laien mag das äußerst gering erscheinen, Experten sehen darin einen gefährlichen Trend hin zu mehr klimabedingten Katastrophen.
Gibt es Hoffnung? Ja, sagen UN-Experten. Sie verweisen auf das Umweltprogramm, das US-Präsident Barack Obama vor einer Woche verkündete. Er werde Kohlekraftwerke zu CO2-Reduzierungen verpflichten und zugleich den Ausbau von Wind- und Solarenergie forcieren. Nachdem die USA jahrelang Fortschritte in der internationalen Klimapolitik blockierten, hoffen Politiker in Europa nun auf eine amerikanische Vorbildrolle.
Das würde Bemühungen um ein neues weltweites Klimaschutzabkommen zweifellos wichtigen Auftrieb geben. Nach dem gescheiterten Gipfel von Kopenhagen im Jahr 2009 soll der neue Vertrag mit dem Kernziel der Reduzierung des Ausstoßes von Schadstoffen bei der UN-Klimakonferenz 2015 in Paris von Staats- und Regierungschefs abgesegnet werden.
Doch der Weg ist schwierig. Er führt an Vorbereitungskonferenzen im November in Warschau und 2014 in Südamerika vorbei. Bis zum Pariser Gipfel werden die WMO-Forscher weltweite Klimadaten für die erste Hälfte der Dekade 2011-2020 gesammelt haben. Das Bild, das ihre Erkenntnisse 2015 vermitteln werden, dürfte kaum weniger bedrohlich aussehen als das heutige.