Wie Mist zu Geld werden kann
Düsseldorf (dpa) - Es dampft auf dem Acker, die Nase zieht sich zusammen. Was hier auf dem Boden verteilt wird, ist Gülle - oder, wie Fachleute sagen: Frischmasse oder Wirtschaftsdünger. Hier wird nach Meinung von Bauern und Verfahrenstechnikern nichts entsorgt, sondern sinnvoll verwertet.
Für alle anderen Menschen handelt es sich schlicht und einfach um Mist. Dass man daraus aber durchaus ein Geschäft machen kann, zeigen sogenannte Güllebörsen. Gülle... was? Güllebörsen handeln mit Mist, denn manche Bauern haben zu viel davon - und müssen ihn loswerden. Ein Betrieb darf nämlich nur viele Schweine oder Rinder halten, wenn er auch genug Fläche hat, um den entsprechenden Mist auszubringen. Das schreibt die Düngeverordnung vor, um Böden etwa vor zu viel Nitrat zu schützen. Hat der Bauer nicht genug Land, muss er sicherstellen, dass die Gülle andernorts fachgerecht ausgebracht wird. Er braucht einen Partner.
Und manche Betriebe, die vom Ackerbau leben, können den natürlichen Dünger gut gebrauchen. Also wird Gülle gehandelt. Das klingt nach einem Hof mit großen Tanks und gewaltigem Gestank - sieht aber in der Praxis ganz anders aus. Bernd Stania sitzt in einem Ein-Mann-Büro im niedersächsischen Vechta, auf dem Schreibtisch stehen Computer-Monitore, in den Regalen Akten. Pausenlos klingelt das Telefon - Landwirte suchen Abnehmer für ihre Gülle. Zu sehen sind weder Misthaufen noch Transportfahrzeuge.
„Wir vermitteln nur. Wir bringen das zusammen, was zusammengehört“, sagt Stania, er ist Geschäftsführer der Naturdünger-Verwertungs GmbH. Sein Geschäft ist es, Handelspartner und Transport zu organisieren. Schon seit 1988 macht er den Job: „Mittlerweile ist das nicht mehr so einfach“, erklärt der Agrarexperte. Die Menge an Gülle habe zugenommen - Abnehmer zu finden, sei aber schwierig.
Auch in der Entsorgungswirtschaft komme das vor - teils sei Müll recycelbar und damit etwas wert. Manchmal nicht, dann zahlten Unternehmen für die Entsorgung. Man spreche auch von „negativen Preisen“, sagt Haucap.
Egal, wer am Ende wen bezahlt: Immer geht ein großer Teil der Kosten für den Transport drauf. Denn Gülle weit durchs Land zu fahren, ist aufwendig. Strecken von 150 Kilometern seien keine Seltenheit, sagt May. Holland habe viel Viehhaltung, im Norden das Emsland und die Osnabrücker Region: „Deswegen gilt eine große West-Ost-Bewegung der Nährstoffströme, beziehungsweise ein Nord-Süd-Gefälle.“ Bezahlt werden müssen Lkw, Fahrer, Sprit. Und die Lastwagen fahren ja meist leer zurück, auch das ist wenig wirtschaftlich.
Die Idee, die hinter der Güllebörse steckt, klappt deswegen in der Praxis nicht immer. „Das funktioniert ja grundsätzlich schon auf regionaler Ebene, könnte aber noch viel besser funktionieren. Die Landwirte möchten das auch“, erklärt Ingenieurin Saskia John, die früher an der Universität Bremen zu dem Thema forschte. Aber es gebe eben auch einige Hürden: der Transport sei teuer, die Zusammensetzung der Nährstoffe schwanke oft, und der Markt sei sehr saisonal. Und beim Preis gibt es Konkurrenz zu mineralischen Düngern. „Das ist bisher das größte wirtschaftliche Hemmnis.“
John hat sich deswegen mit der Frage beschäftigt, wie man Gülle in Wasser und Nährstoffe trennen könnte. Dann könnte man Dünger in festerer Form konzentriert transportieren - und müsste nicht so viel Wasser durch die Gegend fahren. Die Transporte seien ja nicht nur teuer, sie belasteten auch die Straßen und die Umwelt, weil je Kilogramm Dünger mehr Sprit verbraucht und mehr Kohlendioxid ausgestoßen werde, erklärt die Ingenieurin. Gülle derart gezielt zu komprimieren, ist ökonomisch aber noch schwierig, wie sie sagt. Und das Geschäft mit dem Mist ist ohnehin ein schwieriges.