Wirbel um Plastiktüten: Kommt eine Umweltabgabe?

Berlin (dpa) - Die Einkaufswochen vor dem Fest sind Hochsaison für Plastiktüten: kleine für CDs oder Bücher, extragroße für den neuen Flachbildschirm. Sollten die Kunststoffbeutel aus Umweltgründen abgeschafft werden?

Berlin (dpa) - Die Einkaufswochen vor dem Fest sind Hochsaison für Plastiktüten: kleine für CDs oder Bücher, extragroße für den neuen Flachbildschirm. Sollten die Kunststoffbeutel aus Umweltgründen abgeschafft werden?

In der heißen Phase des Weihnachtsgeschäfts sind sie gerade in aller Hände: Plastiktüten, um gekaufte Geschenke nach Hause zu tragen. Geschäfte bieten sie als Service für ihre Kunden und nutzen die bedruckten Beutel auch als mobile Werbeflächen in den Fußgängerzonen. Umweltschützer beklagen schon seit längerem eine negative Ökobilanz großer Kunststoffmengen. Zusehends setzen aber auch Supermärkte und Warenhäuser auf Ressourcenschonung und halten Taschen aus alternativen Materialien bereit. Inmitten der Hochsaison des Handels hat ein Vorstoß der Grünen die Debatte neu angeheizt.

„Tüten auf Basis von fossilen Rohstoffen, die unter natürlichen Bedingungen nicht biologisch abbaubar sind, müssen in Deutschland und europaweit aus dem Verkehr gezogen werden“, beschloss die Ökopartei kürzlich beim Parteitag in Kiel. Und schlug als ersten Schritt eine unverzügliche „Umweltabgabe“ von 22 Cent vor.

Auch die EU hat das Thema im Visier und will alle Möglichkeiten prüfen - bis zu einem Verbot. Denn Tüten würden meist nur wenige Minuten benutzt, belasteten danach aber jahrzehntelang die Natur, sagte Umweltkommissar Janez Potocnik. Zur Herstellung wird Erdöl benötigt, Kunststoffmüll verschmutzt in Minipartikeln viele Meere, wie der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) erklärt.

Die deutsche Branche hat sich gegen mögliche Eingriffe schon in Stellung gebracht, da sie unnötig seien. „Deutsche Verbraucher sind Weltmeister im umweltbewussten Plastiktüten-Verbrauch“, heißt es beim Handelsverband Deutschland (HDE). Die Bundesbürger benutzten im Schnitt 65 Taschen pro Jahr, während es etwa in den USA das Fünffache sei. Zu einem Rückgang hierzulande habe beigetragen, dass es Beutel seit den 1970er Jahren an vielen Kassen nur für einen „Tütengroschen“ gibt. Damit würden auch Kosten dafür abgedeckt, dass die Taschen inzwischen in das Recyclingsystem des Grünen Punkts einbezogen seien.

Tatsächlich ist die Tüte im Einzelhandel ein wichtiges Instrument für Service und Marketing. „Wer eine Hose kauft, muss sie nicht in der Hand nach Hause tragen“, sagt HDE-Sprecher Kai Falk. In einer Tasche lasse sie sich sauber, trocken und ordentlich zusammengelegt transportieren. Zugleich sind die Beutel mit aufgedrucktem Logo von Markenanbietern ein einfacher, aber wirkungsvoller Werbeträger - in Einkaufsstraßen kann das manchen noch spontan zum Shoppen animieren.

Neben Tüten aus Polyethylen, einer Kohlenwasserstoffverbindung, können Kunden verbreitet auch andere Modelle wählen: zum Beispiel Papiertüten zu 20 Cent, biologisch abbaubare Plastiktüten für 40 Cent, Kunststoff-Tragetaschen und Baumwollbeutel zu 99 Cent wie bei den Lebensmittelketten Rewe und Penny. „Seit rund zwei Jahren verzeichnen wir einen Trend weg von der klassischen Plastiktüte“, sagt ein Sprecher.

Viele Kunden sammelten in den Taschen auch zu Hause Verpackungsmüll und entsorgten sie am Ende in der gelben Tonne, erklärt Marion Sollbach, Leiterin des Bereichs Nachhaltigkeit bei Galeria Kaufhof. Taschen sind in den Warenhäusern inzwischen aber generell gratis. In anderen Läden sind auch Tüten aus nachwachsendem Zuckerrohr zu haben.

Umweltschützer dringen auf einen weitergehenden Wandel. „Es kommt darauf an, dass wir von der Wegwerfmentalität wegkommen“, fordert Heribert Wefers, Experte für technischen Umweltschutz beim BUND. „Dafür sollte zumindest verboten werden, dass Geschäfte Plastiktüten einfach kostenlos abgeben.“ Alles, was sich mehrmals verwenden lasse, sei schon einmal besser - der eigene Rucksack oder eine Stofftasche.