Schotter und Split im Garten - Ein umstrittener Trend

Die Gartensaison steht vor der Tür. Naturschützer kritisieren die zunehmende Verödung von Grünflächen durch Schotter und Splitt.

Düsseldorf/Solingen. Die einen mögen ihn wild wuchernd und naturnah, die anderen schätzen Ordnung und Übersichtlichkeit mit akkurat gestutzten Hecken und kunstvoll in Form geschnittenen Buchsbäumen. Dem Klischee nach gehört die Liebe zum Garten ebenso zur kulturellen DNA der Deutschen wie Pünktlichkeit oder das nächtliche Stehenbleiben an einer roten Fußgängerampel. Im Eingangsbereich von Wohnhäusern gilt gerade der Vorgarten als optische Visitenkarte einer Siedlung und verbindet den privaten mit dem öffentlichen Raum. Doch die Bezeichnung Garten verdienen viele solcher Anlagen in Nordrhein-Westfalen schon lange nicht mehr, beklagen Naturschützer, denn der Trend geht weg von Rasenflächen mit üppiger Bepflanzung hin zur möglichst pflegeleichten Variante mit Rollsplitt, Schotter oder Kies.

Foto: Privat

Dies zumindest beobachtet Bernd Martin, ehemaliger Gärtner aus Solingen, der um Aufmerksamkeit für das Thema wirbt: „Ich finde es besorgniserregend, dass vielen Gartenbesitzern offenbar völlig gleichgültig ist, dass auch Vorgärten wichtige Lebensräume für Insekten, Vögel und viele andere Arten sind.“ Zwar wolle er keinem Gartenbesitzer vorschreiben, wie dieser sein privates Grundstück zu gestalten habe. Doch wolle er ein Bewusstsein dafür schaffen, dass die „zunehmende Verödung von Gärten“ ökologisch höchst bedenklich sei.

Foto: Bernd Martin

Beim Naturschutzbund (Nabu) NRW teilt man Martins Kritik: „Es gibt tatsächlich die Entwicklung, dass Leute sich eine große Schotterfläche mit zwei Gewächsen zulegen und das für einen Garten halten“, sagt Thorsten Wiegers, Sprecher beim Nabu NRW. „Da der Mensch ohnehin schon sehr viel Siedlungs- und Verkehrsfläche verbraucht, stellen diese toten Flächen für die Natur eine zusätzliche Belastung dar.“ Ebenso beobachte er aber auch insofern einen positiven Gegentrend, dass der Nabu zunehmend Nachfragen zu ökologisch nachhaltiger Bepflanzung erhalte. Wiegers versichert: „Der Schottergarten ist nur vermeintlich pflegeleicht.“

Denn häufig werden Beete mit Vlies abgedeckt, auf dem Kies, Schotter oder Rollsplitt verteilt werden. Gerade die Abdeckung verarmt das Bodenleben und führt zu Insektensterben, monieren Umweltschützer. Zusätzlichen Arbeitsaufwand bescheren etwa Formgehölze, die regelmäßig geschnitten werden müssen. Außerdem siedeln sich in den Zwischenräumen der Steine schnell Algen, Moose und Flechten an, die mühsam entfernt werden müssen. Während eine üppige Pflanzenvielfalt im Garten erheblich zur Verbesserung der Luftqualität beiträgt, taugen zwei einsame Sträucher im Kiesbett hierzu kaum, so die Expertenmeinung.

Der Trend zum Schottergarten hat auch die Kleingartenvereine erreicht, was man beim Landesverband Rheinland der Gartenfreunde mit Unmut wahrnimmt: „Wir Kleingartenvereine werden ja öfters für unsere strengen Vorschriften belächelt, aber die haben durchaus eine Berechtigung“, sagt Sprecherin Marianne Genenger-Hein. So ist der Pächter einer Gartenparzelle gemäß Bundeskleingartengesetz angehalten, seinen Garten zu einem Drittel mit Nutzpflanzen wie Obst, Gemüse und Kräutern zu bepflanzen, ein weiteres Drittel sollte mit Zierpflanzen und Gräsern bestückt sein und ein Drittel dürfen bauliche Anlagen wie Wege, Terrassen oder Wasserbecken ausmachen. „Bei dieser Regelung hat man allerdings nicht bedacht, dass irgendwann die Pächter anfangen werden, ihre Gärten auszukiesen“, so Genenger-Hein. „Wir versuchen, mit Öffentlichkeitsarbeit unsere Mitglieder für den ökologischen Anspruch eines Kleingartens zu sensibilisieren. Denn Insekten und Mikroorganismen haben auf solchen toten Flächen keine Chance.“

Wer den Pflegeaufwand für den Garten aus Zeitgründen etwas reduzieren wolle, solle besser zu heimischen statt exotischen Pflanzen greifen, rät sie: „Wer seinen Garten standortgerecht plant, schafft ein Stück Natur.“