Im Trainingslager für Bräute
Von Hungerkuren und Zirkeltraining — vor ihrer Hochzeit nehmen manche Frauen bereitwillig viele Qualen auf sich.
Düsseldorf. Schön sehen sie aus, die Frauen in den Hochzeitsmagazinen. Perfekte Kleider, perfekter Teint, makellose Figur. Spätestens bei der Anprobe bemerkt aber manch reale Braut, dass das schulterfreie Kleid aus dem Magazin, dessen cremefarbene Seide sich in die Hautfalte unter den Schulterblättern gräbt, plötzlich gar nicht mehr so prinzessinenhaft wirkt. Stattdessen steht da vor dem Spiegel eine frustrierte Frau, die sich angesichts des Faltenwurfs eher als Nachfolgerin des Michelin-Männchens sieht, als auf dem Weg zum Traualtar.
In einem Online-Hochzeitsforum überschlagen sich die Verlobten in den Diskussionen über die richtige Dosierung von Kohlehydraten, denn die seien es ja, „die reinhauen“. Die karge Tagesration von „Nena05“: Ein Käsebrot, Reis mit Gemüse und ein Eiweiß-Shake. Ihr Ziel: „Endlich die sieben vor dem Gewicht sehen.“ Laut einer Studie der Cornell University wollen 70 Prozent der verlobten Frauen Gewicht verlieren — meist zehn Kilo. Schießlich halten die Brautfotos ein Leben lang — wenn es schon die Ehe selbst vielleicht nicht tut.
Qäulen für die Hochzeit. Saskia Hermannsdörfer würde das jedoch niemals so nennen. „Ich bringe die Frauen charmant an ihre Grenzen“, sagt die Fitnesstrainerin aus Köln. Sie hat sich eine besonders fies klingende Methode zum Abspecken ausgedacht. Das „Bridal Bootcamp“ — ein Training für Bräute, dessen Namen an Sport gewordene Folter aus Armee-Filmen erinnert. Doch angeschrien wird niemand. Lediglich „positiv motiviert“.
Ihre Kundinnen lassen sich in zwei Typen einteilen. „Die einen leiden schon lange und haben mit der Hochzeit einen Zeitpunkt, auf den sie hinarbeiten können“, sagt die Trainerin. „Manche machen es, weil sie noch zwei Zentimeter Umfang verlieren müssen, um ins Kleid zu passen.“ Doch die Investition geht auch zu Lasten des Kontos. Das Sport-Paket „Wedding Planner“ kostet 1960 Euro.
Im Gruppen-„Bootcamp“ treffen sich die zwei Bräute und ein Bräutigam zweimal pro Woche im Kölner Grüngürtel. Dort wartet Trainer Christoph Adelmann auf die Verlobten. Er ist kein kahlköpfiger Gunnery Sergeant Hartman wie im Film „Full Metal Jacket“, sondern ein Mann mit blonden Locken und freundlichem Gesichtsausdruck.
Unsympathisch wirkt lediglich der Parcours, den er gerade aufbaut. Zirkeltraining. Und Angela Krebs (35) muss da heute durch. Sie will ein paar Schwangerschaftspfunde loswerden. „Man könnte natürlich auch ins Fitnessstudio gehen. Aber es ist doch langweilig, die ganze Zeit auf dem Laufband zu stehen und sich im Spiegel anzugucken.“ Und: „Vor der Hochzeit gibt man sich mehr Mühe“, sagt sie. Auch Nicole Heldmann (29) erträgt es tapfer. Im Oktober steht ihre Hochzeit an. Ihr Kleid hat die schlanke Frau schon. und es passt. „Aber ein bisschen abnehmen ist ja immer gut.“
Nach rund 15 Minuten Zirkeltraining ändert sich bei den Sportlern die Gesichtsfarbe. Zur Musik von „Rocky“ werfen sie sich Medizinbälle zu und spreizen auf allen Vieren die Beine seitlich vom Körper ab. Zwischendurch ruft Adelmann unverschämt fröhlich klingende Sätze wie: „Und jetzt noch mal die Bauchmuskeln anspannen.“ „Noch 30.“ Auch „positive Motivation“ kann grausam sein.