Alt werden auf vier Pfoten - Seniorenheim für Hunde

Blomesche Wildnis (dpa) - Das Bücherregal im Wohnzimmer ist bis Brusthöhe ohne Bücher, die Mülltüte in der Küche hängt an einem Haken hoch oben an der Wand, und auf der Fensterbank sind Kauknochen statt Blumentöpfe.

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Schon der erste Blick zeigt: Dies ist ein Hunde-Haus.

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„Im Grunde muss man sagen: Hier lebt ein Rudel Hunde, und ich darf dabei sein“, sagt Heike Thiel. Die 51-Jährige ist Vorsitzende des Omihunde-Netzwerks und betreibt ein Seniorenheim für Hunde. 14 Vierbeiner leben derzeit dauerhaft bei ihr. Einige sind krank, andere so alt, dass sie einfach niemand mehr will. Gehhilfen oder ein Glas für dritte Zähne sucht man in dem norddeutschen Alterssitz für den „besten Freund des Menschen“ jedoch vergeblich.

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Trotz ihres für Hunde zum Teil hohen Alters sind die meisten noch sehr agil. Zum Beispiel der Golden Retriever Harry, der mit stolzen dreizehneinhalb Jahren bei Thiel seinen Lebensabend genießen darf. Er sollte im Oktober 2013 eingeschläfert werden, weil er stark übergewichtig war und angeblich Krebs hatte, erzählt Thiel. „Die Tierärztin reagierte und alarmierte uns.“ Harry habe das Talent, im Weg zu stehen - manchmal begreife der Tollpatsch einfach nicht, wo er hin soll.

Daneben sitzt der schwanzwedelnde Massimo - ein Schäferhund aus Berlin, der nach einem Umzug aus einem Gartenhäuschen mit der neuen Einzimmer-Etagenwohnung nicht klar kam. „Er kann keine langen Strecken und schon gar keine Treppen laufen, lebt aber trotzdem noch gerne“, erzählt die Hundefrau.

Dann gibt es noch die blinde Buffy. Oder den Dackel Ferdi, den Thiel von einer Pflegestelle abholen musste. „Die hatten keine Lust mehr auf ihn. Als ich ihn im Auto hatte, wusste ich, warum: Ferdi hat eine Milben- und Pilzinfektion, der arme Kerl stinkt“, erzählt die 51-Jährige lachend. Ferdi wird - wenn er gesund ist - weiter vermittelt, denn er ist erst acht.

Und es gibt „die kesse „Kessy““, 14 Jahre alt und ein Terrier durch und durch, wie Thiel erzählt - „wenn der etwas nicht passt, sagt sie ihre Meinung auch mal laut“. Ihr Frauchen war psychisch krank, der alte Hund sollte eingeschläfert werden. Viele Tierheime nähmen alte Hunde gar nicht auf, sagt Thiel. Daher habe sie gemeinsam mit einer Freundin das Seniorenheim für Hunde gegründet.

Die Dackelhündin Becky und der Spitz-Chow-Mix Gini seien im Seniorenheim die „Krankenschwestern“, die sehr kranken oder sterbenden Hunden kaum von der Seite wichen, erzählt die 51-Jährige. Und der kleine Pudel Bonnie sei der „Erklärbär“ für neue Hunde: „Wann immer ein neuer Hund kommt, gibt es Momente, in denen er sich zu diesem Neuling setzt.“ Es passiere „unglaublich viel unter den Hunden, das wir als Menschen gar nicht mit steuern, sondern nur erstaunt beobachten können“.

Thiel sieht „ihre“ Hunde nicht als echtes Rudel, sondern als bunt zusammengemischte Gruppe ohne familiäre Bande. „Für die Hunde bin ich hier der menschliche stabile Faktor in ihrem Leben. Ich verteile die wichtigen Ressourcen wie Futter, Liegeplätze, und beanspruche auch ganz klar meine Plätze.“

Ob sie für das Zusammenleben ein Geheimrezept hat? „Nein. Bei mir dürfen die Hunde fast alles, sie sollen nur nicht kläffen oder sich gegenseitig beißen. Das sind die Grundregeln.“