Anhängliche Begleiter Protein macht Zecken zu Andock-Meistern

Dresden/Kiel (dpa) - Zecken sind zu Andock-Meister. Möglich macht das ein in den Krallen anderer Spinnentiere und Insekten bisher nicht gefundenes Protein.

„Dass nicht nur das Haftkissen, sondern auch die transparenten Krallen fast vollständig mit dem elastischen Protein Resilin gefüllt sind, ist eine Überraschung“, erklärte Dagmar Voigt vom Institut für Botanik der Technischen Universität Dresden (TUD). Zusammen mit Stanislav Gorb von der Universität Kiel hat sie auch herausgefunden, an welchen Oberflächen selbst Zecken versagen.

Resilin ist eine Art Supergummi. Es kommt in der Natur oft vor, vor allem Insekten machen sich die hohe Elastizität des Proteins zunutze - Libellen zum Beispiel in Gelenken, die so Millionen Flügelschläge aushalten, Flöhe in kurzzeitigen Energiespeichern der Hinterbeine für ihre Sprünge.

Gemeine Holzböcke (Ixodes ricinus) besitzen gekrümmte, spitze Krallen mit einem Haftkissen dazwischen, mit dem sie sich auf ebenen Substraten wie Haut und Glas halten können. Die Krallen ermöglichen das Verhaken an rauen Oberflächen wie etwa Haaren. Bei ihren Analysen betrachteten die Forscher die Tiere unterm Mikroskop, drehten sie auf verschiedenen Oberflächen plötzlich um, so dass sie mit dem Rücken nach unten hingen, zogen an ihnen und testeten ihr Haftvermögen in Schleudergängen.

Weibliche Zecken haben größere Klauen und Pads. Ihre männlichen Artgenossen kommen mit kleineren Füßen klar, weil sie sich - ausgenommen vom Paarungsakt - kaum auf Wirten aufhalten. Weibchen vermögen sich mit einer Kraft an glatten Glasoberflächen festzuhalten, die dem 500-fachen ihres Körpergewichts entspricht, wie die Forscher berichten. Das biete Sicherheit - immerhin könne ihr Gewicht beim Blutsaugen um das 135-fache zunehmen.

„Was die Haftung angeht, sind die Zecken durch eine Kombination von weichen Kissen und scharfen Krallen fast Alleskönner, aber nur fast“, erklärt Gorb. Auf Silikon und mikrorauen Kunstharzoberflächen können sie sich nicht halten, berichtet das Forscher-Duo im „Journal of Experimental Biology“. Das könne Ansätze liefern für die Entwicklung abweisender Materialien, Lösungen oder Cremes mit Mikropartikeln.

Zecken lauern auf Grashalmen, im Gebüsch oder im Unterholz auf ihre Opfer. Sie haben ein sehr feines Gespür für Körperwärme, Atemluft und nahende Schritte. Die Winzlinge können nicht springen und fallen auch nicht von Bäumen herab, sondern klettern höchstens 1,5 Meter hoch und lassen sich abstreifen. Da sie etwas Luftfeuchtigkeit benötigen, sitzen die Spinnentiere lieber am Waldrand, im feuchten Unterholz oder auf schattigen Wiesen als auf offenem, kurzem Rasen.

Zecken können unter anderem Borreliose und Frühsommer-Enzephalitis (FSME) übertragen. Bis Ende Mai wurden dem Robert Koch-Institut (RKI) bundesweit 41 FSME-Fälle gemeldet. „Das ist nicht auffällig, pro Jahr gibt es meist so 300 Fälle“, sagte eine Sprecherin. Auch die Zahl der Borreliose-Infektionen liege im Bereich des Normalen.