Sightseeing für Hunde: Touristen auf vier Pfoten
Berlin (dpa) - Ob Brandenburger Tor oder Münchner Marienplatz: Urlauber lieben solche Sehenswürdigkeiten. Ihre Hunde heben dort nur müde das Bein. Findige Stadtführer bieten daher Touren speziell für Vierbeiner.
Die haben nämlich ganz eigene Vorlieben.
Urlaubsreife Hunde können an geführten Sightseeing-Touren teilnehmen. „Es ist ja so, dass der Hund gerne mal was anderes sieht“, sagt Eva Petzening und krault ihren Golden Retriever Jeff. „Sonst gehe ich mit ihm eigentlich selten durch die Stadt.“ Jeff ist einer von drei Teilnehmern am Hunde-Sightseeing in Berlin-Kreuzberg.
„Meistens sind die Interessen eines Berlin-Besuchers ja weit entfernt von denen eines Hundes“, sagt Melanie Knies, die das tierische Sightseeing ins Leben gerufen hat. „Einen Hund über den Ku'damm zu schleifen - das geht ja nun gar nicht.“ Für die Teilnehmer Jeff, Oskar und Louie stehen daher vor allem Parks, Gewässer und Hundeläden auf dem Programm.
Ausgerüstet mit Leckerli, gekochtem Putenfleisch und pinkfarbenen Kotbeuteln spaziert die Gruppe rund zwei Stunden lang durch Kreuzberg. Während Berliner Hundebesitzer es gerade mit letzterem nicht ganz so ernst nehmen, sind die kleinen Plastikbeutel beim Sightseeing Pflicht. Touren werden auch für Stadtteile wie Schöneberg und Charlottenburg angeboten. „Bis jetzt wollten aber alle nur durch Kreuzberg“, erzählt Melanie Knies.
Während die Hunde die Wiese vor der St.-Thomas-Kirche am Mariannenplatz erkunden, berichtet sie den Zweibeinern von dem gewaltsamen Tod des West-Berliner Studenten Benno Ohnesorg. Bevor es weiter zum Kreuzberger Engelbecken geht, gibt es eine Spieleinlage mit frischem Fleisch.
„Wiese und andere Hunde“ sind nach Einschätzung von Oskars Frauchen Marina Schwitaller für Hunde am wichtigsten. Aus der Hundeperspektive sehe man erst, wie grün die Stadt tatsächlich sei, bestätigt Stadtführerin Knies. Die 39-Jährige arbeitet hauptberuflich als Pressereferentin, hat aber einen Abschluss als Tourismusfachwirtin. Ihre Mischlingshündin Gioia ist bei allen Touren mit dabei.
„Ich habe vorher noch nie eine Stadtführung mitgemacht“, sagt die 20-jährige Leila Hackenberg. „Schon gar nicht mit Hund.“ Dass sie nun gemeinsam mit ihrem Dalmatiner-Mischling Louie die Stadt erkundet, ist für sie der Gag dabei.
Beim Deutschen Reiseverband sind Sightseeing-Touren mit und für Hunde noch relativ unbekannt. Deren Veranstalter seien häufig nicht registriert und vermarkteten ihr Angebot auf eigene Faust, erklärt Sprecher Torsten Schäfer.
Eine Anbieterin aus Ostwestfalen hat den Tourismus mit Hund bereits vor sechs Jahren kultiviert. Rabea Ali organisiert das sogenannte Hundewandern - geführte Touren für Mensch und Tier. „Der Hund zeigt einem ganz andere Sachen, die man sonst vielleicht nicht sieht“, meint sie. Das Konzept „Hund und Kultur“ gibt es auch in Bayern. „CultureDog“ bietet Führungen zu Kunst- und Kulturdenkmälern an.
Beim Sightseeing in Berlin stehen die Tiere im Vordergrund. In einem Kreuzberger Spezialgeschäft hat Mischlingshündin Louie gerade Hundekekse und vegetarische Kokosbällchen verspeist. Wie die Tour den Hunden gefallen hat, ist schwer einzuschätzen. Dösend liegen Oskar, Jeff und Louie zwischen Halsbändern und Leckerli. Frauchen Leila zumindest hat das Konzept überzeugt. „In Kreuzberg gibt es echt die glücklichsten Hunde der Welt.“