Sprünge und Gymnastik: Turnierreiten wird oft unterschätzt

Warendorf (dpa/tmn) - Turnierreiten ist in Deutschland beliebt, vor allem bei Frauen. Meist dreht es sich dabei um Springprüfungen, an zweiter Stelle steht die Dressur. Die Teilnahme an Wettkämpfen ist aber nicht ohne.

Dafür müssen Reiter lange und konsequent trainieren.

Alexandra Swientek aus Bad Homburg kennt die Dressuraufgaben fürs Turnier auswendig. „Diagonale, Mitteltrab. Versammeln, Schulterherein, Volte. Wieder Diagonale, starker Trab.“ Was sich für Laien anhört wie böhmische Dörfer, sind für die Dressurreiterin ganz gebräuchliche Wörter. Wie oft sie im Training mit ihrem Pferd Ehrenlady die einzelnen Bestandteile einer Aufgabe übt, kann sie gar nicht sagen. „Unendlich oft.“

Turnierreiten ist ein Sport für Fleißige. Was so locker-leicht aussieht, ist das Ergebnis jahrelanger Ausbildung. Fast jeden Tag wird trainiert, bei Wind und Wetter. Oft sind hier Frauen unter sich, über 80 Prozent der Turnierreiter sind weiblich.

Am häufigsten nehmen in Deutschland Reiter an Springprüfungen teil. An zweiter Stelle steht die Dressur, eher selten sind Prüfungen in der Vielseitigkeit und im Fahren. Springen ist auch bei den Zuschauern beliebt. Denn im Gegensatz zur komplizierten Dressur sind hier die Grundregeln einfach zu verstehen: Fällt eine Stange oder bleibt das Pferd vor einem Hindernis stehen, gibt es Fehlerpunkte. Verweigert das Tier vor einem Sprung dreimal, darf nicht weiter geritten werden.

In der Regel hat derjenige gewonnen, der am schnellsten fehlerlos geritten ist. Es gibt aber auch Prüfungen, in denen die Richter Wertnoten auf einer Skala zwischen 0 und 10 vergeben, je höher desto besser. So wird zum Beispiel bei Wettbewerben für junge Pferde deren Springstil bewertet. Dann gibt es noch Springen, in denen das Können des Reiters im Vordergrund steht. „Da wird etwa nach seinem Sitz geschaut und wie er die Hindernisse anreitet“, erklärt die Turnierrichterin Nora Ehlers aus Schöffengrund bei Gießen.

Eine Altersbegrenzung, wann man an Turnieren teilnehmen darf, gibt es nicht: „Weder nach oben noch nach unten“, sagt Susanne Hennig, Pressesprecherin des Reitverbands FN. Manchmal machten schon Dreijährige mit, die auf Ponys reiten und zum Beispiel von ihrer Mutter geführt werden.

Neben den Wettbewerben im Springen können Reiter sich auch im Dressurreiten versuchen. Dabei werden immer Wertnoten vergeben, es gewinnt stets der Reiter mit der höchsten Note. Das Wort Dressur ist nicht ganz treffend, denn im Reitsport ist damit eine Gymnastik fürs Pferd gemeint: Es soll durch bestimmte Übungen - bei den Fachleuten heißen sie Lektionen - immer kräftiger und geschmeidiger werden.

Dressur ist alles andere als ein Publikumsmagnet. „Da hört man schon mal Sprüche, was daran eigentlich Sport sein soll. Der Reiter mache doch gar nichts“, erzählt Swientek. Doch der Eindruck täuscht: Der Reiter ist in jedem Moment während der Prüfung beschäftigt: Er muss gerade und locker im Sattel sitzen - das Pferd darf nicht durch unachtsame Bewegungen gestört werden.

Bei den Dressurwettbewerben werden die Lektionen immer schwieriger. So müssen in den Einstiegsprüfungen die Pferde im Schritt, Trab und Galopp geradeaus und auf Kreisen geritten werden. In den höheren Klassen kommen auch die Seitengänge wie das Schulterherein hinzu, wobei das Pferd seine Beine kreuzt. Für Laien sei es schwierig zu sehen, ob eine Dressur gut sei, sagt die Richterin Ehlers und gibt einen Tipp: „Gut ist es, wenn ein Ritt harmonisch wirkt“.