Andrang bei Tiertafeln Wenn kein Geld für Futter da ist
Köln (dpa) - Immer wenn die Tiertafel in Köln ihre Ausgabestelle öffnet, steht schon eine lange Schlange von Wartenden vor dem Pavillon. Bedürftige Tierhalter, teils mit Hunden an der Leine, holen sich dort alle zwei Wochen eine Futterration für ihre Lieblinge ab.
„Ich bin froh, dass es das gibt“, sagt der 52-jährige Jochen Esser und streichelt seinen Boxer-Bernhardiner-Mischling Molli. „Ich beziehe Hartz IV, da ist das Geld natürlich knapp.“
Vor einem Jahr haben Ehrenamtliche die Tiertafel Köln-Höhenhausgegründet. Zu den Ausgabeterminen kämen im Durchschnitt rund 100 Menschen, von denen manche auch zwei oder drei Tiere hätten, sagt der Vorsitzende Klaus Trippner. „Die Nachfrage ist groß.“ Bei vielen „Kunden“ reiche die Rente nicht, andere seien Sozialhilfeempfänger oder obdachlos. Um ihre Bedürftigkeit nachzuweisen, müssen die Besitzer Bescheide vorlegen. Manchmal ist bei den Ausgabeterminen auch ein Tierarzt dabei.
Finanziert wird die Tafel überwiegend mit Geld- oder Futterspenden. „Aber es ist schwer, genug zusammenzubekommen“, sagt Trippner. Deshalb müssen die Kunden bei der Ausgabe einen Beitrag von zwei Euro pro Tier zahlen. Dafür erhalten sie Futter für mehrere Tage: Für einen kleinen Hund oder eine Katze zum Beispiel sechs Dosen Nassfutter, eine Packung Trockenfutter und ein paar Leckerlis. Ein großer Hund bekommt entsprechend mehr.
Die Ursprünge für die Tiertafeln liegen im brandenburgischen Rathenow, wo der Verein Tiertafel Deutschland seit 2006 die Arbeit zentral koordiniert hatte. Nachdem es dort Ärger wegen Unregelmäßigkeiten gegeben hatte, sagten die meisten örtlichen Ausgabestellen sich los und gründeten eigenständige Vereine.
Inzwischen gibt es bundesweit in vielen Städten Tiertafeln, die umsonst oder gegen einen kleinen Beitrag Futter abgeben. Auch Zubehör wie Leinen, Katzenstreu oder Decken gehört manchmal zum Angebot.
„Der Bedarf ist riesig“, sagt Wolfgang Lemke, Geschäftsführer der Tiertafel Düsseldorf. „Ohne die Tafeln könnten viele Besitzer ihre Tiere wahrscheinlich gar nicht behalten.“ Bis zu 150 Kunden kämen zweimal im Monat zur Futterausgabe.
„Am Anfang des Monats kommen weniger, zum Ende hin werden es mehr“, hat Dagmar Oetken von der Tiertafel Rhein-Erft in Bergheim beobachtet, die einmal pro Woche geöffnet hat. „Vor allem für Alleinstehende sind Tiere meist der wichtigste Bezugspartner, ihr Kummerkasten oder sogar der einzige Grund, morgens aufzustehen.“
Auch Lea Schmitz, Sprecherin des Deutschen Tierschutzbundes in Bonn, meint: „Tiere sind für ältere Menschen und für bedürftige Personen oft die letzte Brücke in die Gesellschaft.“ Wenn jemand unverschuldet in finanzielle Not gerate, sollten die Tiere nicht darunter leiden müssen. Deshalb unterstützten auch viele Tierschutzvereine Bedürftige mit Futterspenden oder tierärztlicher Versorgung. Grundsätzlich solle man sich aber vor der Anschaffung eines Tieres überlegen, ob man die entstehenden Kosten auch tragen kann, betont Schmitz.