Wie sich Kaninchen aneinander gewöhnen
Frankfurt/Main (dpa/tmn) - Kaninchen können zum Rambo werden: Sollen sie auf einmal ihren Käfig mit einem fremden Artgenossen teilen, werden die Krallen ausgefahren. Um ausgerissene Fellbüschel und Geknurre zu vermeiden, wenden Besitzer besser ein paar Tricks an.
Sie kuscheln, nehmen gemeinsam ihre Mahlzeiten ein und putzen sich gegenseitig. Kaninchen sind Rudeltiere und haben ein ausgeprägtes Sozialverhalten. Mindestens ein Pärchen sollten sich Besitzer daher zulegen. Hat man das versäumt, oder ist eines der Kaninchen verstorben und man will die Einsamkeit seines Hopplers beenden, heißt es, ein neues hinzukaufen und die beiden vergesellschaften.
„Unter einer Vergesellschaftung versteht man die Zusammenführung zweier oder mehrerer Kaninchen zu einer Gruppe“, erklärt Jessica Sandner, Vorsitzende des Vereins Kaninchenberatung in Frankfurt. Dabei gelte es, behutsam vorzugehen und einige Regeln zu beachten, da die Tiere ein starkes Revier- und Rangverhalten an den Tag legen.
Der Erstkontakt der Langohren - bei dem sie ihrem Naturell entsprechend nach einem kurzen Beschnuppern ihre Hierarchie klären - sollte deshalb auf neutralem Grund erfolgen. „Stattfinden kann das Kennenlernen vielerorts: im Bad, in einem Kellerraum, in der Garage. Wichtig ist nur, dass pro Kaninchen mindestens zwei Quadratmeter vorhanden sind und der Raum beiden unbekannt ist“, erklärt Tina Mader vom Verein „Tierhilfe verbindet“ in Poing bei München.
Ist ein geeignetes Terrain gefunden, muss man es für die Vergesellschaftung präparieren. Dazu gehört, Hindernisse aus dem Weg zu räumen und den Boden gegebenenfalls mit einer rutschfesten Unterlage auszulegen. Schutzhäuschen werden von vielen Experten empfohlen, sollten aber mindestens zwei Zugänge haben, damit die Kaninchen sich nicht in eine Sackgasse drängen können.
Sind alle Vorbereitungen getroffen, setzt man die zu vergesellschaftenden Tiere zeitgleich in den neutralen Raum, damit keines einen Revieranspruch aufbauen kann. Was dann passiert, ist sehr unterschiedlich: „Manchmal ist es Liebe auf den ersten Blick“, schildert Sandner den Idealfall. Meist bietet sich dem Tierhalter - der bei der Vergesellschaftung anfangs dabei sein sollte, um notfalls eingreifen zu können - jedoch ein anderes Bild: Die Kaninchen jagen einander durch den Raum, versuchen sich durch Knurren einzuschüchtern, „berammeln“ sich gegenseitig und tragen kleine Kämpfe aus, in denen gebissen und das Fell des anderen ausgerupft wird.
„Diese Verhaltensweisen sind normal und dienen der Klärung der Rangordnung“, betont Mader. Bevor klar sei, wer der Boss ist, könnten je nach Charakter und Temperament der beteiligten Kaninchen einige Stunden, aber auch Tage vergehen. „Manchmal sind es zwei Wochen, aber dann sollte man einen Schlussstrich ziehen, wenn sich kein Erfolg einstellt. Sonst wird der Stress für die Tiere unerträglich.“
Bis zu diesem Zeitpunkt müssen die Tiere ununterbrochen zusammen bleiben. Trennt man sie, fängt der Hierarchiekampf ganz von vorne an. Sich daran zu halten, fällt so manchem Kaninchenfreund schwer. Schließlich muss er dabei zusehen, wie die kleinen pelzigen Lieblinge aufeinander losgehen und sich eventuell gegenseitig verletzen. „Die Tiere müssen das schon unter sich ausmachen“, erklärt Tierarzt Thomas Steidl, Vorstandsmitglied der Landestierärztekammer Baden-Württemberg.
Eingreifen müsse man nur bei größeren, stark blutenden Verletzungen oder wenn die Attacken massiver Art sind. „Letzteres zeugt von erhöhter Aggression und deutet oft darauf hin, dass die Kaninchen gar nicht miteinander können“, erklärt Steidl. In einem solchen Fall sollten Besitzer nicht an der Vergesellschaftung festhalten: Es sei wenig erfolgversprechend und bedeute unheimlichen Stress für die Tiere.