Wirtschaftsfaktor Pferd: Experten sehen Wachstumspotenzial
Osnabrück (dpa) - Pferdewirtschaft bedeutet mehr als Zucht und Reitsport. Experten bescheinigen dem Markt rund um die Vierbeiner große Wachstumschancen. Künftige Pferdemanager können sich in Osnabrück ausbilden lassen.
Die Herzen vieler kleiner Mädchen schlagen beim Anblick von Pferden höher. Dieser Effekt könnte auch bei Geschäftsleuten eintreten, die mit den Vierbeinern Geld verdienen wollen. Das Potenzial für eine wachsende Pferdewirtschaft sei da, sagt Katharina Wiegand von „HorseFuturePanel“, einer Institution in Göttingen, die die Pferdebranche marktanalytisch erforscht. Das Spektrum reicht von der Zucht über den Leistungs- und Freizeitsport bis in den Gesundheitsbereich. Denn Pferde eignen sich auch als Therapie-Tiere - ein Bereich, der bislang aber noch kaum erforscht ist.
Auf immerhin fünf Milliarden Euro beläuft sich der Umsatz, der laut der Deutschen Reiterlichen Vereinigung jährlich in der Pferdewirtschaft erzielt wird. 300 000 Menschen in Deutschland verdienen ihren Lebensunterhalt mit diesen Tieren. Drei bis vier Pferde schaffen einen Arbeitsplatz, sagt Enno Hempel, Geschäftsführer der Pferdeland Niedersachsen GmbH.
Um qualifizierten Nachwuchs bei Pferdefachkräften zu schulen, gibt es an der Hochschule Osnabrück seit 2008 im Studiengang Landwirtschaft den bundesweit einzigartigen Schwerpunkt Pferdemanagement. Dort werden Studenten auf leitende, beratende und organisatorische Aufgaben in der Pferdewirtschaft vorbereitet, erläutert Hochschullehrer Heiner Westendarp. Die Anforderungen im Bereich Pferdemanagement seien nämlich deutlich gestiegen. „Das Know-how, damit ein wirtschaftlicher Betrieb überleben kann, ist gewachsen.“
Auch die therapeutische Arbeit mit Pferden ist nach Angaben von Westendarp ausbaufähig. Zum Beispiel könnten querschnittsgelähmte Menschen durch die Arbeit mit Pferden in die Gesellschaft zurück finden, sagt er. Solche Therapien würden von den Krankenkassen momentan aber nicht bezahlt. „Wir müssen die Forschung vertiefen, damit die Kassen einsehen, dass sich das ändert.“ Ein weiterer Schwerpunkt seien Therapien mit psychisch Kranken und traumatisierten Soldaten. „Dort kann man Menschen in einer Form helfen, wie wir sie jetzt noch nicht kennen.“
Das „Medium Pferd“ weise heute eine hohe Vielfalt auf, sagt Claudia Nordhoff. Die 27-Jährige hat an der Hochschule Osnabrück den Schwerpunkt-Studiengang Pferdemanagement durchlaufen und ist dort nun als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig. Das Pferd fände Platz in den Bereichen Gesundheit, Pädagogik oder Tourismus und sei nicht nur ein Sportgerät, sagt Nordhoff. „Immer mehr neue Wirtschaftssektoren und Ausbildungsbereiche entwickeln sich rund um das Pferd.“ Die Wissenschaftler an der Hochschule Osnabrück verfolgen ein großes Ziel, das über den Bereich Pferdewirtschaft hinaus geht: Sie möchten den gesellschaftspolitischen Nutzen und die Ressourcen des Pferdes in den Vordergrund rücken.
Nicht nur die Osnabrücker Hochschule forscht zu dem Thema. Mittlerweile hat sich ein Netzwerk gebildet, das aus den Hochschule in Göttingen, Nürtingen in Baden-Württemberg, Van Hall Larenstein in den Niederlanden und der Berner Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften in der Schweiz besteht. Die Wissenschaftler tauschen sich dabei über Themenbereiche wie Zucht, Marketing, Fütterung, Touristik, Ausrüstung bis zum Tierschutz aus.